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EZB: Banken wollen Firmenkreditstandards im 2Q deutlich straffen

Erscheinungsdatum Website: 14.04.2022 18:05:03
Erscheinungsdatum Publikation: 19.04.2022

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Banken des Euroraums haben ihre Kreditvergabestandards im ersten Quartal 2022 entgegen den Erwartungen etwas gestrafft und wollen sie im zweiten Quartal noch "weitaus deutlicher straffen". Wie aus dem aktuellen Quartalsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Kreditvergabe hervorgeht, überstieg der Prozentsatz der Banken mit strengeren Unternehmenskreditstandards den Prozentsatz von Instituten mit weniger strengen Standards im ersten Quartal um 6 Punkte. Zugleich nahm die Kreditnachfrage deutlich zu. Die Banken selbst hatten eine Lockerung um 1 Punkt erwartet. Für das zweite Quartal wird eine Straffung um 21 Punkte prognostiziert. Im vierten Quartal 2021 waren die Standards um 2 Punkte gestrafft worden.

"Die Banken verwiesen auf eine erhöhte Risikowahrnehmung und eine geringere Risikotoleranz im Zusammenhang mit hoher Unsicherheit, Unterbrechungen der Lieferkette sowie hohe Energie- und Inputpreise als Faktoren für die Nettoverschärfung der Kreditstandards", schreibt die EZB. Die für das zweite Quartal erwartete Verschärfung beruht laut EZB "wahrscheinlich auf den ungewissen wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Erwartung einer weniger akkommodierenden Geldpolitik".

Die Banken berichteten von verschlechterten Refinanzierungsbedingungen am Markt ("Wholesale"). Sie rechneten zudem damit, dass sich die Anleihekaufprogramme der EZB in den nächsten sechs Monaten überwiegend negativ für die Kreditkonditionen und die Kreditvolumen auswirken werden. Per saldo positiv sollen weiterhin der negative Einlagenzins und die TLTRO-Refinanzierungsgeschäfte wirken - allerdings nicht mehr so stark wie bisher.

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten nahm im ersten Quartal um 17 (viertes Quartal: plus 18) Punkte zu und wurde vor allem vom Bedarf an kurzfristigem Arbeitskapital sowie zum Aufbau von Lagerbeständen und Liquidität gestützt. Dahinter standen laut EZB anhaltende Lieferkettenprobleme und die allgemeine Unsicherheit. Erwartet worden war ein Nachfrageanstieg um nur 8 Punkte. Für das zweite Quartal wird an Nachfrageplus von 12 Punkten vorausgesagt.

Die Kreditstandards für Hauskaufkredite wurden um 2 Punkte gestrafft, nachdem sie im vierten Quartal unverändert geblieben waren. Erwartet worden war eine Straffung von 3 Punkten. Für das zweite Quartal wird eine Straffung um 8 Punkte prognostiziert. Die Standards für Konsumentenkredite wurden um 5 Punkte gelockert, nachdem sie bereits im vierten Quartal um 4 Punkte gelockert worden waren. Für das zweite Quartal wird nun aber eine Straffung von 7 Punkten prognostiziert.

Kreditstandards umfassen unter anderem Zinsen, Anforderungen an Sicherheiten, Kreditlaufzeiten und Tilgungsraten. Sie sind bankinterne Richtlinien dafür, welche Art von Krediten eine Bank wünschenswert findet, welche sektorspezifischen und geografischen Prioritäten zu beachten sind, welche Sicherheiten als akzeptabel gelten und welche Voraussetzungen (Bilanzsituation, Einkommenslage, Alter oder Beschäftigungsstatus) ein Kreditnehmer erfüllen muss.

Regional gesehen wurden die Unternehmenskreditstandards erneut in Spanien am stärksten gestrafft (20 Punkte) sowie in Italien (9 Punkte). In Deutschland und Frankreich bleiben sie dagegen unverändert. Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten wuchs besonders kräftig im Frankreich (33 Punkte) und Deutschland (23 Punkte). In Italien nahm sie dagegen um 18 Punkte ab.

Die Politik der EZB ist darauf gerichtet, eine möglichst günstige Kreditversorgung der Unternehmen sicherzustellen. Dazu hat sie den Banken sehr langfristige Kredite mit überaus günstigen Konditionen gegeben.

DJG/hab/brb/19.04.2022

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