Märkte der Welt

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Institute senken Prognose wegen Ukraine-Krieg deutlich

Erscheinungsdatum Website: 13.04.2022 14:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 14.04.2022

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Gaslieferstopp würde zu Rezession führen / Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognose für das deutsche Wachstum aufgrund des Ukraine-Kriegs deutlich gesenkt. Die Wirtschaft steuert laut den Ökonomen durch schwieriges Fahrwasser und durchläuft die höchsten Inflationsraten seit Jahrzehnten. Die Erholung von der Corona-Krise werde infolge des Kriegs in der Ukraine gedämpft, behalte aber die Oberhand, wie es in dem aktuellen Frühjahrsgutachten heißt.

Die Institute erwarten in einem Basisszenario, das von fortgesetzten russischen Gaslieferungen und keinen weiteren ökonomischen Eskalationen ausgeht, einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 2,7% (Herbstgutachten: 4,8) im laufenden Jahr und um 3,1% (1,9) im Jahr 2023.

In einem Alternativszenario, das von einem sofortigen Stopp russischer Gaslieferungen ausgeht, erwarten die Ökonomen 2022 ein BIP-Wachstum von 1,9% in diesem und eine Schrumpfung der Wirtschaft um 2,2% im kommenden Jahr.

"Der Erholungsprozess der deutschen Wirtschaft verzögert sich abermals. Das Konjunkturbild ist geprägt durch gegenläufige konjunkturelle Strömungen, die allesamt preistreibend wirken", erklärte Stefan Kooths, Vizepräsident und Konjunkturchef des IfW Kiel. Der Wegfall der Pandemiebeschränkungen sorge auf der einen Seite für konjunkturellen Auftrieb. Dämpfend wirkten aber die Nachwehen der Corona-Krise, weil Lieferketten immer noch unter Stress stünden. "Die Schockwellen durch den Krieg in der Ukraine belasten die Konjunktur sowohl angebots- wie nachfrageseitig. Schon die staatlichen Hilfspakete während der Pandemie haben preistreibend gewirkt. Die Verteuerung wichtiger Energierohstoffe nach dem russischen Überfall fachen den Preisauftrieb weiter an", erklärte Kooths.

Demnach dürfte die Inflationsrate 2022 laut Prognose bei 6,1% und im Folgejahr bei 2,8% liegen. Im Alternativszenario mit einem sofortigen Gaslieferstopp dürften die Teuerungsraten sogar 7,3 beziehungsweise 5,0% erreichen, heißt es in dem knapp 100 Seiten langen Gutachten mit dem Titel "Von der Pandemie zur Energiekrise - Wirtschaft und Politik im Dauerstress".

Da sich mit Kriegsausbruch die wirtschaftlichen Aussichten eingetrübt und der inflationäre Druck spürbar erhöht haben, stehe die Geldpolitik vor einem Zielkonflikt zwischen Preis- und Produktionsstabilisierung. Dies ähnele der Situation im Zuge der beiden Ölpreisschocks 1973 und 1979.

Die Ökonomen erwarten für 2022 im Durchschnitt einen Anstieg der Erwerbstätigkeit um über 500.000 Personen. Im kommenden Jahr dürfte der Zuwachs aber nur halb so hoch sein. Die Institute erwarten im Basisszenario eine Verringerung der Arbeitslosenzahl in diesem Jahr auf 2,29 Mio, die dann im nächsten Jahr auf diesem Niveau verharren sollte. Die Arbeitslosenquote dürfte in beiden Jahren bei 5,0% liegen, nach 5,7% im Jahr 2021.

Sollte es zu einem Lieferstopp von russischem Gas kommen, dürfte die Arbeitslosenquote nach einem Rückgang auf 5,2% in diesem Jahr dann auf 6,0% im Jahr 2023 steigen.

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