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Stabilitätsrat: 2022 und 2023 wird europäische Defizit-Obergrenze überschritten

Erscheinungsdatum Website: 10.12.2021 18:05:30
Erscheinungsdatum Publikation: 13.12.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Der Stabilitätsrat von Bund und Ländern hat eine erwartete Überschreitung der zulässigen europäischen Defizitobergrenzen durch Deutschland im nächsten und übernächsten Jahr als pandemiebedingt zulässig eingestuft. "Trotz der zwischenzeitlich aufgehellten Konjunkturerwartungen belasten die Auswirkungen der Corona-Pandemie nach wie vor die öffentlichen Haushalte erheblich", erklärte das Gremium, das in Berlin unter dem Vorsitz von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und des nordrhein-westfälischen Finanzministers Lutz Lienenkämper (CDU) tagte.

Die sich erneut verschärfende pandemische Lage erfordere "weiterhin eine zielgerichtete Unterstützung der Wirtschaft". Für eine umfassende wirtschaftliche Erholung sowie dauerhaft robuste wirtschaftliche Entwicklung sei es wesentlich, die Pandemie langfristig und wirksam einzudämmen. Zudem stünden Bund und Länder vor der Herausforderung, neben der fortwirkenden Pandemiebewältigung auch die notwendigen Investitionen und weiteren Maßnahmen zur Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität und zur Digitalisierung zu ergreifen.

"Dies muss im Rahmen der geltenden Schuldenbremse erfolgen, um langfristig die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen zu sichern", betonte der Stabilitätsrat. Im laufenden Jahr könnte der Staatshaushalt mit einem strukturellen Defizit von rund 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) abschließen. Nach Ansicht des Stabilitätsrates werde sich das Defizit in den Folgejahren abbauen. Dennoch werde in den Jahren 2022 und 2023 die europäische Obergrenze des strukturellen Staatsdefizits noch überschritten. "Dies ist jedoch im Jahr 2022 aufgrund der europäischen Ausnahmeregel zulässig."

Im Jahr 2023 erfülle der Abbau des strukturellen Staatsdefizits die regulären Vorgaben der europäischen Haushaltsüberwachung. Der Stabilitätsrat vertrat auf dieser Basis die Auffassung, "dass die Überschreitung der Obergrenze des strukturellen Staatsdefizits zulässig ist. Das europäische mittelfristige Haushaltsziel - ein gesamtstaatliches strukturelles Defizit von maximal 0,5 Prozent des BIP - dürfte im Jahr 2024 wieder eingehalten werden. Für 2025 werde ein Überschuss von rund 0,5 Prozent des BIP erwartet.

Lindner nannte es "erfreulich", dass der Rat zu dem Ergebnis komme, dass Deutschland die europäischen Stabilitätsvorgaben einhält. "Das sind in Zeiten einer Pandemie gute Nachrichten." Allerdings bestünden auch noch viele Unsicherheiten. "Wir befinden uns in einer vierten Welle, es braucht weitere Stützungsmaßnahmen", hob er hervor. "Wir können finanzpolitisch noch nicht das Normalprogramm fahren, sondern sind unverändert in einer pandemiebedingten Notlage."

DJG/ank/sha/13.12.2021

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