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Solarbranche und Mittelstand fordern von Ampel-Koalition schnelle Maßnahmen

Erscheinungsdatum Website: 05.11.2021 17:15:02
Erscheinungsdatum Publikation: 08.11.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Marktforscher, Unternehmer und ihre Verbände haben vor über 30 Prozent weniger Nachfrage nach Solardächern im kommenden Jahr gewarnt. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) verlangten deshalb von einer künftigen Ampel-Koalition "die schnelle Wiederherstellung attraktiver Investitionsbedingungen und kostendeckender Marktprämien unmittelbar nach Regierungsbildung". Die Unternehmensverbände registrierten gegenwärtig einen deutlichen Investitionsrückgang bei gewerblichen Solardächern, so der BSW.

In einer Studie hätten Marktforscher von EUPD Research eine kontinuierliche Verschlechterung der Investitionsbedingungen als wesentliche Ursache dafür ausgemacht. Gleichzeitig warnten sie demnach vor einem Markteinbruch auch bei Solarenergie in Privathaushalten im nächsten Jahr. Diese Entwicklungen ständen im direkten Widerspruch zum Plan einer künftigen Bundesregierung, dass "alle geeigneten Dachflächen für Solarenergie genutzt" würden, um den Ausbau erneuerbarer Energien "drastisch" zu beschleunigen, erklärte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Nach den Berechnungen sei die neu installierte Solarstromleistung auf Gewerbedächern in den ersten neun Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr bereits um 18 Prozent zurückgegangen. Die Marktprämien für neue Solarstromanlagen seien seit Anfang 2020 um 29 Prozent gefallen und sänken monatlich weiter, während die Preise für Solarstromanlagen in diesem Zeitraum gestiegen seien. Die Installation neuer Solardächer werde damit wirtschaftlich zunehmend unattraktiver. Ohne rechtzeitige politische Gegenmaßnahmen werde die Nachfrage nach Solardächern nicht wachsen, sondern im kommenden Jahr um ein Drittel einbrechen.

Der BSW forderte die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP auf, die jährlichen Ausbauziele für die Solartechnik stufenweise auf 20 Gigawatt zu vervierfachen. Mittels einer Sofortmaßnahme zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse zeitgleich aber auch die notwendige Voraussetzung geschaffen werden, dass dieses Ziel erreichbar werde. Größtes Hemmnis sei dabei der gesetzlich festgelegte "atmende Deckel", der systematisch zu geringe Kompensation für eingespeisten Grünstrom aus Solaranlagen und entsprechend geringe Nachfrage bewirke.

Branche fordert "Solar-Turbo" für Klimaziele

Nach den Vorstellungen beider Verbände sollte dieser "atmende Deckel" in einem 100 Tage-Solarbeschleunigungsgesetz neu kalibriert und somit zu einem "Solar-Booster" weiterentwickelt werden. Die Rahmenbedingungen müssten sich klar an der Zielerreichung der erst jüngst verschärften Klimaziele orientieren. Körnig forderte einen "Solar-Turbo". Die von der Ampel-Koalition geplante Einführung von Solarpflichten könnte wegen ihres zu geringen Marktimpulses den seit Jahren bestehenden Reformstau hingegen nicht kompensieren, sondern bestenfalls flankierend wirken.

"Immer mehr Unternehmer wollen in Solartechnik investieren und ihren künftigen Energiebedarf aus erneuerbaren Energien sichern. Dabei treffen sie aber auf immer mehr Marktbarrieren und Bürokratie", beklagte BVMW-Chefvolkswirt Hans-Jürgen Völz. Wer den Klimaschutz ernst nehme und eine Laufzeitverlängerung von Atom- und Kohlemeilern durch die europäische Hintertür verhindern wolle, müsse den Ausbau der Solar- und Speichertechnologien jetzt massiv beschleunigen, ihre Finanzierung absichern "und alle Bremsen lösen", verlangte Körnig.

Dazu zählten nach der Forderung von BSW und BVMW auch eine Anhebung der Ausschreibungsgrenze für Photovoltaik-Aufdachanlagen, die Ausweitung des abgabenfreien Eigenverbrauchs von Solarstrom, die Abschaffung der Personenidentität beim Verbrauch dieses Stroms vor Ort, ein Abbau bürokratischer Barrieren sowie die Etablierung langfristiger Planungssicherheit für Solaranlagenbetreiber. Völz forderte eine "Berechenbarkeit" von Förderprogrammen anstatt entmutigender Einschränkungen in Abhängigkeit von Fördertöpfen.

DJG/ank/sha/08.11.2021

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