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Welt: Wie Energieriesen mit "klimaneutralem" Öl und Gas punkten

Erscheinungsdatum Website: 13.10.2021 16:25:02
Erscheinungsdatum Publikation: 14.10.2021

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Verbesserung der Kohlenstoffbilanz auf dem Papier / Von Dieter Holger

BARCELONA (Dow Jones)--Manche Energiekonzerne versuchen es bei fossilen Brennstoffen inzwischen mit einem CO2-neutralen Anstrich. Kritiker fürchten, dass Klimaschutzziele mit diesem Verkaufsansatz unter die Räder kommen könnten.

In Kombination mit CO2-Kompensationsmaßnahmen werden fossile Energieträger vermehrt als klimaneutral vermarktet. Firmen, die diesen Verkaufsansatz verfolgen, räumen zwar ein, dass Kompensationen allein nicht ausreichen, um den menschengemachten Klimawandel zu stoppen, doch Klimaschützer kritisieren, dass ein solches Angebot an sich schon die Gefahr birgt, den Nutzen für das Klima zu überschätzen.

Shell verkauft bereits seit Jahren sogenanntes klimaneutrales flüssiges Erdgas, während TotalEnergies die erste Lieferung im vergangenen Jahr auf den Weg brachte. Der skandinavische Offshore-Förderer Lundin Energy bezeichnet den größten Teil des von ihm verkauften Öls inzwischen als "CO2-neutral produziert". Und in den USA wagt jetzt Occidental Petroleum den Einstieg in diesen Markt.

Alle genannten Unternehmen erklären, dass ein Teil der Emissionen ihrer konventionellen Kraftstoffe in der Kombination mit freiwilligen Klimaschutzmaßnahmen - etwa durch Anpflanzung von Bäumen - ausgeglichen werde.

Auf dem Papier verbessern solche Produkte sowohl die CO2-Bilanz des Käufers als auch die des Verkäufers. Ein Öl- und Gasförderer kann so sein Emissionsproblem auf der Kundenseite anpacken, wo der Kraftstoff verbrannt wird. Hierbei handelt es sich um die sogenannten Scope-3-Emissionen der Endverbraucher. Der Käufer wiederum kann geltend machen, dass er einen Teil seiner Scope-1- und Scope-2-Emissionen angegangen ist, also jene Emissionen, für die er selbst verantwortlich ist, sowie jene, die auf eingekaufte Energie zurückgehen. Der Ansatz ist segensreich für alle jene CO2-Verursacher, die besonders unter Druck stehen, ihre Emissionen zu senken.

Die Überprüfung des tatsächlichen Nutzens für das Klima ist jedoch schwierig. Experten merken an, dass die Menge Kohlenstoff, die Kompensationsprojekte speichern können, schnell überbewertet wird, weil es dem Markt an geeigneten Standards und Regulierung mangele.

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen hat gefordert, dass eine Senkung der CO2-Emissionen Vorrang haben muss. Gleichwohl räumt das Wissenschaftsgremium ein, dass Ausgleichsmaßnahmen und Projekte der CO2-Abscheidung erforderlich sein könnten, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu erreichen, mit dessen Umsetzung die globale Erderwärmung begrenzt werden soll. Energiekonzerne, die Öl und Gas mit Kompensation verkaufen, argumentieren, sie trügen dazu bei, den erforderlichen Markt für schwer zu dekarbonisierende Sektoren zu entwickeln. Überdies böten sie eine unmittelbare Lösung für Klimaschutz, während bessere Technologien noch entwickelt würden.

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