Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Deutschland: Klimaneutralität erfordert Investitionen von 5 Bill Euro
Erscheinungsdatum Website: 07.10.2021 15:55:03
Erscheinungsdatum Publikation: 08.10.2021
Transformation im Verkehrssektor am kostenintensivsten
FRANKFURT (NfA)--Deutschland will bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden. Technisch ist dieses Ziel erreichbar, es erfordert jedoch eine umfangreiche Transformation in allen Wirtschaftssektoren, vom Verkehr über die Industrie bis hin zu den privaten Haushalten. In welchem Umfang hierzu Investitionen getätigt werden müssen, beleuchtet eine von KfW Research beauftragte und von Prognos, Nextra Consultung sowie dem Institut für nachhaltige Kapitalanlagen durchgeführte Studie.
Insgesamt sind demnach Klimaschutzinvestitionen von rund 5 Bill Euro erforderlich. Verteilt man diese Summe auf die bis zum angestrebten Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 verbleibende Zeit, entstehen Investitionsbedarfe von durchschnittlich 191 Mrd Euro pro Jahr beziehungsweise 5,2% des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
Diese hohen Beträge relativieren sich, wenn man berücksichtigt, dass die Klimaschutzinvestitionen bereits solche Investitionen umfassen, die ohnehin getätigt werden müssen, so die Studie. Diese Gelder müssen ?nur? verstärkt in Alternativen gelenkt werden, die einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Die klimaschutzbedingten Mehrinvestitionen liegen bei jährlich durchschnittlich 72 Mrd beziehungsweise 1,9 Bill Euro bis 2045.
Der Großteil der notwendigen Klimaschutzinvestitionen entfällt mit 2,1 Bill Euro auf den Bereich Verkehr. Die eigentlichen Mehrinvestitionen zur Erreichung der Klimaneutralität sind mit 153 Mrd Euro aber deutlich geringer, größtenteils geht es daher um eine Neuausrichtung der schon anstehenden Reinvestitionen in diesem Bereich.
Die zweithöchsten Klimaschutzinvestitionen werden im Sektor Energie benötigt (840 Mrd Euro). Hier wurden schon viele Weichen in die richtige Richtung gestellt, dennoch entfallen immerhin mehr als die Hälfte der Gesamtinvestitionen auf die transformativen Mehrbedarfe, nämlich 396 Mrd Euro.
Für die privaten Haushalte stehen Klimaschutzinvestitionen in Höhe von 636 Mrd Euro zu Buche. Rund 40% beziehungsweise 254 Mrd Euro hiervon sind Mehrinvestitionen, die vor allem durch die Schaffung eines klimagerechten Wohnungsbestandes bedingt werden.
Im Industriebereich sind 620 Mrd Euro dem Klimaschutz zu widmen. Dies sind allerdings zu mehr als Dreiviertel beziehungsweise 462 Mrd Euro Mehrinvestitionen, weil Produktionstechniken vielfach nur mit großem Aufwand klimafreundlich umgestellt werden können und der Sektor bisher weniger stark im Fokus der klimapolitischen Maßnahmen stand. Die Betroffenheiten variieren dabei recht deutlich zwischen den verschiedenen Branchen.
Im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fallen mit rund 237 Mrd Euro verhältnismäßig geringe Klimaschutzinvestitionen an, die zwar zur Hälfte (113 Mrd Euro) Mehrinvestitionen darstellen, aber nur rund 3% der Gesamtinvestitionen im Sektor ausmachen.
Die Deckung des großen Gesamtinvestitionsbedarfs für ein klimaneutrales Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts bedarf sowohl privaten als auch öffentlichen Kapitals. Die öffentliche Hand ist vor allem in zweierlei Hinsicht gefragt: Zum einen hat sie eine Vorbildfunktion, der sie beispielsweise bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude oder bei der Umstellung des ÖPNV-Fuhrparks nachkommen kann. Hauptsächlich jedoch obliegt ihr die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für private Investitionen, so die Studie.