Märkte der Welt

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Nicht nur Evergrande steht auf wackligem Grund
Erscheinungsdatum Website: 29.09.2021 15:25:03
Erscheinungsdatum Publikation: 30.09.2021
Konzern könnte nur der erste Dominostein sein / Von Jacky Wong
SYDNEY (Dow Jones)--Bauträger, die während des Immobilienbooms in China am wildesten gefeiert haben, wachen nun auf mit einem heftigen Kater. China Evergrande ist das prominenteste Beispiel. Beobachter befürchten, dass es anderen Unternehmen der Branche bald ähnlich ergehen könnte.
Die Aktionäre des Immobilienentwicklers Sunac China haben gerade einen Vorgeschmack auf heftige Kursschwankungen bekommen, die ihnen möglicherweise noch drohen. So kletterte die Sunac-Aktie am Dienstag um 15% und machte damit Verluste aus den zwei Handelstagen zuvor teilweise wett. Hintergrund dafür war ein im Internet kursierendes Dokument, wonach eine Tochtergesellschaft die Regierung um Hilfe gebeten haben soll. Darin hieß es, der unter staatlichen Preis- und Verkaufsbeschränkungen sowie restriktiverer Hypothekenvergabe leidende Immobilienmarkt laste schwer auf dem Tochterunternehmen. Am Dienstag stellte Sunac klar, dass es sich bei dem Dokument nur um einen internen Entwurf gehandelt habe, der nie an die Regierung geschickt werden sollte.
Nichtsdestoweniger zeigt das Dokument in aller Deutlichkeit die Schwierigkeiten auf, mit denen chinesische Bauträger - vor allem so hoch verschuldete wie Sunac - konfrontiert wären, wenn die Regierung den Wohnungsmarkt weiter unter strikter Kontrolle hält. In ganz China gingen die Wohnungsverkäufe im August 20% gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, während bei Sunac die Vertragsabschlüsse sogar um 30% fielen.
Der Verkauf von Wohnungen im Planungsstadium ist für chinesische Bauträger zu einer entscheidenden Finanzierungsquelle geworden, besonders seitdem die Regierung sie mit ihrer Politik der "drei roten Linien" zur Einhaltung bestimmter Verschuldungskennzahlen zwingt und andere Finanzierungskanäle eingeschränkt hat. Die Vertragsverbindlichkeiten von Sunac, die den Wert aller Wohnungen angeben, die den Käufern geschuldet werden, beliefen sich im Juni auf 50 Mrd US-Dollar.
Vor den jüngsten Ereignissen gehörten Aktien und Anleihen von Sunac bereits in den zurückliegenden Wochen zu den schwächsten Vermögenswerten am Markt. Anleger befürchten eine Ansteckung durch Evergrande. Sunac florierte zu Zeiten des Immobilienbooms in China. Mit Krediten wurden Grundstücke und Akquisitionen finanziert. Die Einnahmen des Unternehmens beliefen sich im vergangenen Jahr auf 230 Mrd Yuan (30,45 Mrd Euro). Das entsprach mehr als dem Sechsfachen des Umsatzes von 2016. Die Verschuldung des Unternehmens stieg in ähnlicher Dimension: Sie belief sich im Juni auf 40,2 Mrd Euro.
Nach den finanziellen Kennziffern steht Sunac sicherlich besser da als Evergrande, so dass das Unternehmen nicht unmittelbar vor Liquiditätsproblemen stehen dürfte. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, einschließlich denen gegenüber verbundenen Unternehmen, sind jedoch stark gestiegen. Ein längerer Abschwung des Immobiliensektors hätte zur Folge, dass es schwieriger würde, Barmittel zur Rückzahlung der Schulden zu generieren.
Sunac war, wie viele andere Unternehmen auch, dabei, als es mit dem Immobilienmarkt steil nach oben ging. Genau so schnell könnte es auch wieder nach unten gehen.