Märkte der Welt

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Die Abhängigkeit von Wohnungsbau und Exporten bleibt

Erscheinungsdatum Website: 14.04.2021 15:15:03
Erscheinungsdatum Publikation: 15.04.2021

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Beijing missfällt die Bedeutung des Bausektors / Von Nathaniel Taplin

BEIJING (Dow Jones)--Auch Anfang 2021 läuft die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt rund. Das Schmiermittel sind zwei wohlbekannte Faktoren: Wohnungsbau und Exporte. Die Delle bei den Ausfuhren zum Ende des vergangenen Monats dürfte sich bald als temporär erweisen. Ein zunehmender Eifer der Aufseher könnte jedoch den chinesischen Wohnungsmarkt - und die Preise für Industriemetalle - ab der zweiten Jahreshälfte belasten. Sieht man einmal von Wohnimmobilien ab, so bleiben Anzeichen einer dauerhaft starken Inlandsnachfrage Mangelware.

Die Exporte stiegen im März gegenüber dem Vorjahr um beeindruckende 30,6%, wie neueste Daten zeigen. Aufgrund des Pandemieausbruchs im vergangenen Jahr hinkt der Vergleich jedoch. Goldman Sachs schätzt, dass die Exporte im März gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 6,6% zurückgingen, verglichen mit einem Anstieg von 8,5% für Januar und Februar zusammen.

Zuletzt kam der Rückgang der Exporte wie erwartet: Chinas Einkaufsmanagerindex vom Februar zeigte zum ersten Mal seit letztem August eine Abnahme der Exportaufträge. Die Faktoren dahinter waren jedoch eher flüchtig, darunter die übliche Schwäche im Zusammenhang mit dem chinesischen Neujahrsfest und die schwächere Nachfrage aus den USA. Denn dort schließt die Industrieproduktion inzwischen erkennbar zur Inlandsnachfrage auf.

Chinas Einkaufsmanagerindex signalisierte bereits im März, dass die Exportaufträge wieder anziehen. Neue, erhebliche konjunkturelle Anreize werden in den USA dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Waren das dortige Angebot für einige Zeit übertreffen wird. Davon dürften die Ausfuhren aus China profitieren.

Die chinesische Inlandsnachfrage präsentiert sich unterdessen recht solide auf den ersten Blick. Sie bleibt jedoch stark in Richtung Wohnen und Bauen ausgerichtet - sehr zum Leidwesen der politischen Entscheidungsträger, die versucht haben, den Immobilienentwicklern Fesseln anzulegen und Kredite in produktivere Bereiche umzuleiten.

Das chinesische Importvolumen steigt derweil von Monat zu Monat, hauptsächlich getragen von der Nachfrage nach industriellen Rohstoffen, wie Capital Economics betont. Das deutet auf eine Belebung der Schwerindustrie und des Baugewerbes hin. Währenddessen hat sich das Kreditwachstum im März insgesamt wieder abgeschwächt. Gleichwohl stieg die Kreditvergabe an private Haushalte - traditionell dominiert von Hypothekenkrediten - in den letzten Monaten immer noch stark. Parallel dazu beschleunigt sich der Anstieg der Immobilienpreise: In 70 Städten kletterten sie im Februar im Monatsvergleich um durchschnittlich 0,4%. Das ist der höchste Wert seit vergangenem August.

Die Aufsichtsbehörden senden bereits weitere Signale ihres Missfallens: Anfang April sperrte das chinesische Wohnungsministerium laut Gavekal Dragonomics die Chefs von fünf Großstädten ein, um sie wegen Missmanagements ihrer lokalen Immobilienmärkte zu bestrafen. Das Beratungsunternehmen ist davon überzeugt, dass der jüngste, verdächtig schnelle Anstieg der sogenannten Haushaltskredite nichts anderes bedeutet, als dass das Geld teilweise in Immobilien umgeleitet wurde.

Sollte es den Regulierungsbehörden zu bunt werden, könnten sie in der zweiten Jahreshälfte nochmals die Zügel anziehen und den Immobilienboom damit endgültig ausbremsen. Ansonsten wirkt die Struktur der chinesischen Erholung seltsam vertraut - ungeachtet aller Rhetorik über die Eigenständigkeit der Industrie und zum mantrahaften Ausgleich der nationalen Kreisläufe.

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