Euro Intern

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EZB kauft wegen höherer Staatsanleiherenditen mehr Anleihen
Erscheinungsdatum Website: 12.03.2021 17:00:29
Erscheinungsdatum Publikation: 15.03.2021
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) will wegen des Anstiegs der Staatsanleiherenditen das Tempo ihrer Anleihekäufe deutlich ausweiten. Der EZB-Rat beschloss, dass die Käufe im Rahmen des Pandemiekaufprogramms PEPP "basierend auf einer gemeinsamen Einschätzung der Finanzierungsbedingungen und des Inflationsausblicks im nächsten Quartal mit einem deutlich höheren Tempo als in den ersten Monaten dieses Jahres erfolgen". Im Durchschnitt der vergangenen zwei Monate hatte die EZB im Rahmen des PEPP Anleihen für 60 Milliarden Euro gekauft.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte, dass die EZB bei der Beurteilung der Finanzierungsbedingungen vor allem auf die risikofreien Zinssätze achte, aber auch andere Indikatoren nicht vernachlässige. Ihre Inflationsprognose für 2021 hob die EZB deutlich an, machte aber zugleich klar, dass sie deshalb nichts an ihrer lockeren Geldpolitik ändern wolle.
EZB kauft Anleihen flexibel nach Marktbedingungen
Laut EZB sollen die Käufe "je nach Marktbedingungen flexibel erfolgen, um eine Straffung der Finanzierungsbedingungen zu verhindern, die nicht zu dem Vorhaben passen würde, dem negativen Einfluss der Pandemie auf die Inflation entgegenzuwirken". "Damit ist klar, dass sie durch die höhere Inflation hindurchschaut und auf die Finanzierungsbedingungen achtet. Wie viel mehr die EZB jetzt tatsächlich kaufen muss, hängt davon ab, ob der Markt ihr glaubt", sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer schrieb in einem Kommentar: "Offensichtlich hat sich das italienische Direktoriumsmitglied Fabio Panetta mit seinen weitreichenden Forderungen durchgesetzt." Die EZB betreibe immer mehr eine implizite Zinskurvensteuerung, die mit beträchtlichen Risiken einhergehe, wie die Wirtschaftsgeschichte zeigt. Panetta hatte gefordert, dass die EZB die im Dezember herrschenden Finanzierungsbedingungen wieder herstellen müsse.
EZB kann risikofreie Zinsen am besten beeinflussen
Lagarde lehnte Festlegungen auf bestimmte Größen ab. Sie räumte allerdings ein, dass die EZB vor allem auf risikofreie Zinssätze wie die Renditen von Staatsanleihen achte. "Wir konzentrieren uns stark auf 'Upstream', denn das ist das, wo wir handeln können und worauf Banken und andere Kreditinstitute achten", sagte sie. Tatsächlich sind die Staatsanleiherenditen seit Ende 2020 deutlich gestiegen. Unmittelbare Auswirkungen wird der EZB-Beschluss zunächst nicht haben: Laut Lagarde wird der am Montag zur Veröffentlichung anstehende PEPP-Nettokaufbetrag erneut von hohen Fälligkeiten gemindert sein.
Der seit Jahresbeginn zu beobachtende Anstieg der Inflation bereitet der EZB laut Lagarde kein Kopfzerbrechen, weil dieser auf Einmal- und Sonderfaktoren beruhe, die wieder schwinden würden. "Es ist möglich, dass die Inflation in diesem Jahr, vor allem am Jahresende, tatsächlich 2 Prozent erreicht, aber darüber werden wir hinwegsehen", sagte Lagarde.
EZB-Stab belässt Inflationsprognose für 2023 bei 1,4 Prozent
Der volkswirtschaftliche Stab der EZB rechnet für 2021 jetzt mit einer Inflationsrate von 1,5 (bisher: 1,0) Prozent. Die Prognosen für 2022 und 2023 wurden mit 1,2 (1,1) und 1,4 (1,4) Prozent angegeben. Am mittelfristigen Inflationsausblick der EZB hat sich also nichts geändert.
Im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum sind die EZB-Ökonomen weniger optimistisch. Für 2021 rechnen sie jetzt mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,0 (3,9) Prozent. Für 2022 und 2023 werden Wachstumsraten von 4,1 (4,2) und 2,1 (2,1) Prozent erwartet. Lagarde sagte, kurzfristige Risiken überschatteten den langfristigen Ausblick. Die gesamtwirtschaftliche Lage dürfte sich 2021 verbessern, in Bezug auf die Pandemie gebe es aber weiterhin Unsicherheit. Für das erste Quartal erwartet die EZB einen BIP-Rückgang.
DJG/hab/mgo/15.03.2021