Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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BIZ: Zinsniveau entscheidend für Finanzmärkte

Erscheinungsdatum Website: 01.03.2021 16:40:02
Erscheinungsdatum Publikation: 02.03.2021

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die aktuell hohen Aktienkurse sind nach Einschätzung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesichts des niedrigen Zinsniveaus noch zu rechtfertigen. In ihrem aktuellen Quartalsbericht weist die BIZ darauf hin, dass deshalb sehr viel vom Kurs der Zentralbanken abhängen wird und dass die Investoren inzwischen offenbar nicht mehr von niedrigen Zinsen auf absehbare Zeit ausgingen.

"Es gibt einen großen Unterschied zu früher: Vor diesem Bericht erwarteten die Investoren auf absehbare Zeit niedrige Zinsen, während sie jetzt daran zu zweifeln beginnen, wie lange diese Bedingungen noch anhalten werden", sagte BIZ-Chefvolkswirt Claudio Borio bei der Vorstellung des Quartalsberichts. "Das bedeutet, dass wir den Finanzmarktausblick in einem völlig neuen Licht sehen müssen", fügte er hinzu. Die Bewertung vieler Asset-Klassen hänge an den niedrigen Zinsen, und wenn sich diese Zinsen änderten, dann ändere sich auch der Ausblick für die Asset-Preise.

Die Renditen langlaufender US-Treasuries sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen, was auch für europäische Staatsanleihen nicht ohne Folge blieb. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht das mit Sorge, weil Staatsanleiherenditen eine wichtige Orientierungsgröße für Kreditzinsen sind, und damit eine unerwünschte Straffung der Finanzierungsbedingungen droht. Ursache der höheren Anleihezinsen war laut BIZ die anhaltend lockere Geldpolitik, verbunden mit der Erwartung eines neuen großen Ausgabenprogramms in den USA. Das habe Inflationserwartungen und Risikoprämien steigen lassen.

Die Frage ist, was passiert, wenn an den Märkten aufgrund realwirtschaftlicher Entwicklungen die Überzeugung Oberhand gewinnt, dass die US-Notenbank ihre Politik nicht so lange wie bisher erwartet sehr locker lässt und damit ein zweites "Taper Tantrum" auslöst. Borio baut darauf, dass die Zentralbanken ein solches Szenario vermeiden werden. Sollten die Märkte wirklich ins Trudeln geraten, dann würden die Zentralbanken prüfen, wie sich das auf Inflation, Output und Finanzstabilität auswirken würde, "und dann entsprechend reagieren", sagte er.

Auch wenn sich die Aktienbewertungen laut BIZ wegen der niedrigen Zinsen insgesamt gerade noch rechtfertigen lassen, so sehen die Experten doch durchaus Anzeichen für Übertreibungen. So fühlen sie sich wegen des hohen Volumens von Börsengängen und der in den ersten Tagen nach einem IPO hohen Kursgewinne stark an den Dotcom-Boom der 1990er Jahre erinnert. Auch sei der hohe Anteil unprofitabler Unternehmen an den Börsengängen auffällig sowie das vermehrte Auftreten von Investmentvehikeln für Übernahmen (Spacs).

DJG/hab/apo

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