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Bauwirtschaft, Mieter und Eigentümer unzufrieden mit Wohnpolitik

Erscheinungsdatum Website: 22.02.2021 18:10:35
Erscheinungsdatum Publikation: 23.02.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Vor dem Wohngipfel der Bundesregierung hagelt es vonseiten der Wohnungswirtschaft, vom Mieterbund und von Wohneigentümer Kritik an der Wohnungspolitik. Dringender Handlungsbedarf bestünde noch immer in der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Die Vertreter der großen Koalition lobten hingegen im Vorfeld, dass man deutliche Fortschritte erzielt habe. Die SPD will aber dennoch mit dem Versprechen in den Wahlkampf ziehen, mehr Sozialwohnungen und schärfere Instrumente gegen Mietwucher zu schaffen.

Am Dienstag wollen die Bundesregierung und Vertreter der Bundesländer eine Bilanz zu ihrer Wohnraumoffensive ziehen. Union und SPD hatten sich vorgenommen, in der aktuellen Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnung und Eigenheime zu schaffen. Tatsächlich werden wohl bis Ende des Jahres lediglich 1,2 Millionen Wohnungen gebaut werden. Auch endet zunehmend die Sozialbindung von Sozialwohnungen, sodass die Verfügbarkeit von Wohnraum für sozial Schwache abnimmt.

Baukosten explodieren

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen monierte, dass es für die Umsetzung des im September 2018 von Bund, Ländern und Kommunen beschlossenen Maßnahmenkatalogs für mehr bezahlbare Wohnungen lediglich die Schulnote 4,4 geben könnte. Es besteht Handlungsbedarf auf allen staatlichen Ebenen.

In einigen Themenfeldern wie der angestrebten Beschränkung der Baukostensteigerungen oder der verbilligten Abgabe von öffentlichen Liegenschaften wäre es sogar eine 5 - stark versetzungsgefährdet, so der GdW.

"Beim bezahlbaren Bauen und Wohnen in Deutschland ist auch zwei Jahre nach dem Wohngipfel der Bundesregierung noch sehr viel Luft nach oben", sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Zwar hat der Bund die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, doch es hake oft bei der Umsetzung dieser Maßnahmen auf Landes- und kommunaler Ebene.

"Der nötige 'Wumms' fehlt beim Bauen und Wohnen in Deutschland", so Gedaschko. Eine repräsentative Umfrage unter den Mitgliedern der im GdW organisierten 3.000 kommunalen, genossenschaftlichen, kirchlichen, privatwirtschaftlichen, landes- und bundeseigenen Wohnungsunternehmen, ergab, dass sich die Unternehmen an erster Stelle weniger Normen und Qualitätsanforderung wünschen. Den zweiten Platz erreichte verbilligtes oder bevorzugt abzugebendes Bauland. Auch sollten Baurechtbeschaffung beschleunigt werden und Investitionsbremsen im Mietrecht, wie etwa der Mietendeckel und Mietpreisbremsen, beendet werden.

Mieterbund kritisiert Bau von unbezahlbarem Wohnraum

Der Deutsche Mieterbund zieht ebenfalls eine negative Bilanz. Nötig seien deutlich mehr Sozialwohnungen, die Zahl der Sozialwohnungen nehme stetig ab und liege inzwischen bei nur noch gut 1,1 Millionen nach nahezu drei Millionen vor knapp 40 Jahren.

Das selbst gesetzte Ziel, in der laufenden Legislaturperiode 1,5 Millionen Wohnungen zu schaffen, werde deutlich verfehlt, kritisierte der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, in der Rheinischen Post. "Und das, was gebaut wurde, ist für viele Menschen nicht bezahlbar", sagte Siebenkotten. "Obwohl in dieser Situation der Bau neuer Wohnungen, die man nur mit Wohnberechtigungsschein anmieten kann, das Gebot der Stunde wäre, wurden davon pro Jahr nur etwa 25.000 fertig gestellt, während gleichzeitig jeweils etwa 60.000 Wohnungen wegen des Auslaufens entsprechender Bindungen ihren Sozialwohnungscharakter verloren."

Fortschritte habe es in den vergangenen zwei Jahren der Wohnraumoffensive nur wenige gegeben, etwa bei der Begrenzung der Modernisierungsumlage. Der Mieterbund fordert beispielsweise die effektive Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Änderungen im Bodenrecht, das die ungezügelte Explosion der Baulandpreise stoppt, und deutlich mehr bezahlbaren Wohnraum. Bis es hier klare Erfolge gibt, brauche es Maßnahmen, die weitere Mieterhöhungen unterbinden.

Wohneigentümer werfen Bund Zerstörung des Wohnungsmarkts vor

Der Eigentümerverband Haus und Grund wird in seiner Kritik an der Wohnungspolitik der Bundesregierung noch deutlicher. "Statt einer Wohnraumoffensive hat die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren Maßnahmen ergriffen, die den Wohnungsmarkt zu zerstören drohen", sagte Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

"Internationale Fondsgesellschaften verdrängen private Vermieter als Eigentümer, die resigniert aufgeben. Immobilien wurden zu Anlageobjekten des internationalen Finanzmarktes", Diese Entwicklung sei auch ein Nachteil für finanziell schwächer aufgestellte Mieter.

SPD sieht wichtige Erfolge

Die SPD betonte, dass bei aller Kritik dennoch Fortschritte erreicht worden seien. So wurde die Mietpreisbremse verlängert und dahin gehend reformiert, dass zu viel gezahlte Miete für bis zu 30 Monate zurückgefordert werden kann. Auch sei der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier Jahren auf sechs Jahre verlängert worden. Davon verspricht sich die SPD, dass kurzfristige Preisanstiege in überhitzten Mietmärkten weniger stark auf die Vergleichsmieten durchschlagen.

Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, erklärte am Montag, dass man mit einer ganzen Reihe an Ergebnissen "schon sehr zufrieden" sein könne. Der Anstieg bei den Baugenehmigungen und Baufertigstellungen in den vergangen 10 Jahren zeige, dass die ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung "ein wirklicher Impuls, ein wirklicher Schub gewesen" seien.

Für den sozialen Wohnungsbau habe der Bund insgesamt 5 Milliarden Euro in dieser Wahlperiode bereitgestellt, wodurch 100.000 neue Sozialwohnungen entstünden. Dennoch habe man damit den Verlust an Sozialwohnungen nicht aufhalten können. Daher werde die SPD in den Wahlkampf treten mit dem Versprechen, 100.000 zusätzliche Wohnungen im sozialen Wohnungsbau zu schaffen, so Daldrup.

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