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Bundeskabinett beschließt Gesetz zum Ausbau des Schnellladenetzes

Erscheinungsdatum Website: 10.02.2021 17:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 11.02.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Schnellladegesetz beschlossen, mit dem die öffentliche Ladeinfrastruktur für E-Autos verbessert werden soll. Aktuell gibt es in der Fläche kein ausreichend verfügbares Schnelladenetz in Deutschland. Mit dem Gesetz gibt die Bundesregierung nun die rechtliche Grundlage für die europaweite Ausschreibung und damit den Bau von bundesweit 1.000 öffentlichen Schnellladehubs bis zum Jahr 2023. Die Autobauer drängen angesichts der steigenden Nachfrage nach E-Autos zu einem raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Die oppositionellen Grünen kritisierten, dass die Rechtsgrundlage für die Ausschreibung erst spät komme und eine Art Blankoscheck darstelle.

Mit dem Ausbau des Schnellladenetzes soll der Bedarf für die Mittel- und Langstreckenmobilität an Fernstraßen sowie wichtigen Standorten im urbanen Raum abgedeckt werden. Die Standorte müssen laut Gesetz stets öffentlich und rund um die Uhr zugänglich sein und können dabei auf öffentlichem oder privatem Grund liegen. Der Bund soll nicht selbst Betreiber der Ladeeinrichtungen werden. Stattdessen soll der Infrastrukturaufbau für den Markthochlauf der E-Fahrzeuge durch langfristige Verträge mit Betreibern gewährleistet werden.

"Die nächste Schnellladesäule muss in wenigen Minuten erreichbar sein", erklärte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. "Nur mit einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur schaffen wir es, dass mehr Menschen auf klimafreundliche E-Autos umsteigen und mit erneuerbaren Energien laden können."

Gerade das schnelle Laden mit über 150 Kilowatt sei für die Langstreckentauglichkeit von E-Autos entscheidend. "Wir wollen Mobilität mit besserer Luft, weniger Lärm und vor allem weniger CO2 ermöglichen", so Scheuer.

Autobauer mahnen zum raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur

Der Bund wird den Ausbau des Schnellladenetzes europaweit ausschreiben. Auch kleine und mittlere Unternehmen können sich zu einer Bietergemeinschaft zusammenschließen. Der Bund wird dann mehrere Betreiber auswählen, die in seinem Auftrag die Ladesäulen aufbauen und betreiben, so das Ministerium. "Dabei sind die Betreiber rechtlich verpflichtet, die Ladesäulen in genau definierten Regionen, in einem bestimmten zeitlichen Rahmen und mit entsprechenden Standards zu errichten", heißt es in den Eckpunkten der Ausschreibung.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigte sich erfreut über das Schnellladegesetz und auch über das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz, das am Donnerstag im Bundestag beraten werden soll und den Rahmen für den Aus- und Aufbau der halb-öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur bietet.

Immer mehr E-Autos kämen auf die Straßen, so der VDA. Alleine im Januar seien mehr als ein Fünftel aller Pkw-Neuzulassungen in Deutschland elektrisch gewesen. "Wir begrüßen daher, dass die Politik den Ausbau der Ladeinfrastruktur mit dem Schnellladegesetz und dem GEIG vorantreibt. Jetzt müssen die beiden Vorhaben rasch umgesetzt werden, damit die Ladeinfrastruktur schnell ausgebaut wird und mit dem Hochlauf der Neuzulassungen von E-Pkw Schritt hält", erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Denn ein flächendeckendes, schnell erreichbares und kundenorientiertes Schnellladenetz sei der Schlüssel dafür, dass Kunden auch weiter auf die Elektromobilität setzten.

Aktive Rolle des Bundes beim Ausbau laut Grünen überfällig

Der Bundestagsabgeordneter Cem Özdemir (Grüne) mahnte, dass es beim Ausbau der Elektromobilität schneller vorangehen müsse. Scheuer habe seinen Masterplan Ladeinfrastruktur bereits vor über einem Jahr vorgestellt, aber erst jetzt die Rechtsgrundlage für den Ausbau vorgelegt.

"Der so wichtige Aufbau von Schnellladesäulen verzögert sich dadurch noch einmal. Den Verkehrsminister trifft diesmal allerdings nicht die alleinige Schuld. Auch die deutschen Autohersteller haben es bisher schlicht selbst nicht geschafft, ein hochwertiges Schnellladenetz in die Fläche zu bringen", kritisierte Özdemir. Daher sei es "grundsätzlich richtig", wenn der Bund nun endlich eine aktive Rolle einnimmt in Sachen Schellladenetz.

Allerdings sei Scheuers Vorschlag "eine Art Blankoscheck", kritisierte Özdemir. Er lasse bisher komplett offen, was er bei seiner Ausschreibung konkret plane.

An den meisten deutschen Ladepunkten ist bislang nur Laden mit einer normalen Ladeleistung von höchstens 22 Kilowatt möglich, weil bisher nicht gezielt bundesweit das schnelle Laden mit über 100 Kilowatt forciert wurde. Aktuell haben laut Verkehrsministerium weniger als 2 Prozent aller Ladepunkte eine Ladeleistung von mindestens 100 Kilowatt. "Für den erfolgreichen Markthochlauf von E-Fahrzeugen bedarf es aber einer bedarfsgerechten, bundesweit flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladesäuleninfrastruktur", so das Ministerium.

Laut Bundesregierung reichen die bisherigen mehrjährigen Förderprogramme zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge allein nicht aus, um den Aufbau schnell, verlässlich, bedarfsgerecht, flächendeckend und verbraucherfreundlich zu gewährleisten. Dies gelte besonders für Standorte, die wenig oder nur temporär wie etwa in Ferienzeiten frequentiert seien.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

ma

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