Märkte der Welt

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EU-Corona-Hilfen notfalls ohne Polen und Ungarn

Erscheinungsdatum Website: 09.12.2020 14:10:02
Erscheinungsdatum Publikation: 10.12.2020

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Mögliche Workarounds haben aber ihre eigenen Probleme

BRÜSSEL (AFP)--Ungarn und Polen blockieren neben dem nächsten mehrjährigen EU-Haushalt auch den Corona-Hilfsfonds. Eine Einigung ist vor dem EU-Gipfel weiterhin nicht in Sicht. Könnte das Veto aus Budapest und Warschau umgangen werden?

Um dies zu schaffen, könnten die Corona-Hilfen außerhalb der EU-Verträge angesiedelt werden. Die anderen 25 EU-Staaten könnten den Fonds im Rahmen eines zwischenstaatlichen Vertrags auflegen. Ein Beispiel für eine solche Lösung ist der innerhalb der Währungsunion geschaffene Euro-Rettungsfonds ESM. Das Prozedere wäre allerdings kompliziert. "Man müsste quasi das Rad neu erfinden", sagt ein Kommissionsvertreter. Die Hilfsmittel würden wohl erst mit erheblicher Verzögerung fließen.

Auch wäre nicht gesichert, dass alle 25 Länder dazu im bislang vereinbarten Ausmaß bereit wären. Die selbsternannten "sparsamen Vier" - Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden - hatten dem Corona-Fonds erst nach großzügigen Rabatten beim gleichzeitig vereinbarten Gemeinschaftshaushalt zugestimmt. Diese Zugeständnisse sind bei fehlender Annahme des Haushalts hinfällig.

Hinzu kommt, dass die Kreditaufnahme, die in diesem Fall nicht Brüssel übernehmen würde, direkt die Schuldenstände der teilnehmenden Mitgliedstaaten belasten würde. Für bereits hochverschuldete Länder wie Italien und Griechenland wäre das nicht attraktiv.

Eine weitere Möglichkeit wäre die verstärkte Zusammenarbeit, ein gemeinsames Projekt mehrerer, aber nicht aller Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Verträge. Nötig sind dafür mindestens neun EU-Länder. Vorbilder gibt es etwa bei gemeinsamen Verteidigungsprojekten von Mitgliedstaaten.

Doch gegen diese Lösung spreche der Zeitfaktor, heißt es aus EU-Kreisen. Wie bei einem Fonds außerhalb des EU-Rahmens müssten hier erst mühsam Strukturen geschaffen werden. "Das kann ein Jahr dauern. In Krisen ist aber Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor."

Zudem gibt es Wettbewerbsbedenken: Laut EU-Verträgen dürfen einzelne Mitgliedstaaten durch eine verstärkte Zusammenarbeit anderer Staaten nicht benachteiligt werden. Bei finanziellen Hilfen im angedachten Umfang ist es nur schwer vorstellbar, dass polnischen und ungarischen Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile entstehen würden.

EU-Mittel könnten eventuell auch unter Berufung auf eine Regelung in Artikel 122 des EU-Vertrags für Katastrophenfälle fließen, heißt es aus er Kommission, wo von "kreativen Lösungen" gesprochen wird. Diese Variante gilt aber bestenfalls als "Brückenlösung", ein Volumen wie beim Corona-Hilfsfonds wäre damit nicht zu erreichen.

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