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Umwelthilfe: Weiterbau von Nord Stream 2 rechtlich unzulässig

Erscheinungsdatum Website: 03.12.2020 18:00:03
Erscheinungsdatum Publikation: 04.12.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der geplante Weiterbau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 in der Ostsee ist nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) rechtlich nicht zulässig. Das geht aus einem Schreiben des Verbands an das zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hervor, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Darin fordert die DUH die Behörde mit Blick auf "die erheblichen rechtlichen Zweifel" an dem Projekt auf, die Zustimmung zu den Verlegearbeiten zurückzunehmen, mindestens aber den "Vollzug dieser Zustimmung...zunächst auszusetzen". Das BSH kündigte an, die Einschätzung der Umweltschützer "sorgfältig" zu prüfen.

Die Nord Stream 2 AG plant, die Pipeline an diesem Samstag (5. Dezember) weiterzubauen. Dazu soll das russische Verlegeschiff "Akademik Tscherski" zum Einsatz kommen. Nach Ansicht der Umwelthilfe müssten die Schiffe für die Verlegung der Rohre aber auf dem Meeresgrund verankert werden. Dieses Verfahren, das mit großen Umweltzerstörungen wie Sedimentaufwirbelungen einhergehe, dürfe laut Genehmigung des Bundesamts aus 2018 jedoch nicht in den Monaten von September bis Mai angewendet werden. Aus einer Änderung der Genehmigung im Dezember 2019 durch das BSH werde dies nochmals deutlich.

Allseas hatte sich nach US-Sanktionen zurückgezogen

Die ursprünglich für den Bau eingeplanten Schiffe des schweizerischen Dienstleisters Allseas hätten die Pipeline dagegen ohne Verankerung auf den Meeresgrund verlegen können und auch im Zeitraum von September bis Mai eingesetzt werden dürfen. Allseas hatte sich nach der Ankündigung der Sanktionen der US-Regierung jedoch aus dem Projekt zurückgezogen, so dass das Nord-Stream-2-Konsortium nun auf den Einsatz der russischen Schiffe angewiesen ist.

Dass für die geplante Fortsetzung der Arbeiten eine neue Genehmigung erforderlich sein dürfte, mache ein weiterer Vorgang deutlich: Die Nord Stream 2 AG habe im Juli 2020 eine Änderung der Baugenehmigung beim BSH beantragt, hieß es von der DUH. Damit solle der Bau der Pipeline im Zeitraum von September bis Mai mit Verlegeschiffen fortgesetzt werden, die auf dem Meeresgrund verankert werden müssen. In diesem Verfahren, das noch nicht abgeschlossen ist, hat die DUH Einwendungen erhoben wegen großer Gefahren für Meeresumwelt und der Auswirkungen des Projektes auf das Klima.

Kein Kommentar von der Nord Stream 2 AG

Die Umwelthilfe kritisierte daher scharf, dass das Bundesamt dem Projekt seine Zustimmung gegeben habe. "Offenbar sollen hier in der Phase zwischen Wahlen und Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Fakten geschaffen werden", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Der DUH-Energieexperte Constantin Zerger erklärte, der Bau widerspreche europäischen und deutschen Klimazielen. "Wir fordern die Nord Stream 2 AG auf, ihre Schiffe unverzüglich wieder abzuziehen."

Die im Schweizerischen Zug ansässige Aktiengesellschaft wollte die Vorwürfe der DUH nicht kommentieren und verwies auf das BSH als zuständige Behörde. Dort erklärte eine Pressesprecherin, "dass der Einsatz von ankerpositionierten Schiffen bereits in der Genehmigung aus dem Jahr 2018 zugelassen wurde". Dem Einsatz dieser Fahrzeuge für den Monat Dezember sei nach umweltfachlicher Prüfung im Oktober zugestimmt worden. "Diese Zustimmungsmöglichkeit sieht die Genehmigung aus dem Jahr 2018 ausdrücklich vor", so die Sprecherin

BSH prüft Stellungnahmen "umfänglich"

Das Änderungsverfahren für die Verwendung von ankerpositionierten Fahrzeugen auch von Ende September bis Ende Mai läuft nach Amtsangaben derzeit. "Die eingegangenen Stellungnahmen von Naturschutzverbänden werden umfänglich ausgewertet", so die Sprecherin.

Das Nord-Stream-2-Konsortium wird vom russischen Gazprom-Konzern angeführt, der die Hälfte der Finanzierung des 9,5-Milliarden-Euro-Projekts aufbringt. Zu den deutschen Finanzbeteiligten gehören Wintershall und der Energieversorger Uniper.

chem

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