Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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USA: Joe Biden verspricht Tauwetter
Erscheinungsdatum Website: 16.11.2020 15:30:06
Erscheinungsdatum Publikation: 17.11.2020
Deutsche Firmen könnten vom neuen Präsidenten profitieren / Von Ullrich Umann
WASHINGTON (NfA/GTAI)--Während seines Wahlkampfes sprach Joe Biden von einer etappenweisen Dekarbonisierung der Wirtschaft, vom Frackingverbot auf Land im Bundesbesitz, von einer Rückführung der Steuervergünstigungen für die Öl- und Gasindustrie, von der höheren Besteuerung großer Korporationen und Bezieher hoher Einkommen, im Gegenzug aber auch von Bildungs- und Gesundheitsinitiativen, von einer breiten Technologieförderung und von der Modernisierung der Infrastruktur.
Der Erwartungsdruck an Joe Biden ist hoch. Nicht alles wird er auf Anhieb umsetzen können, manches vielleicht auch gar nicht. Insbesondere dann, wenn die republikanische Senatsmehrheit bestehen bleibt, wodurch Blockaden wahrscheinlich werden. Wie sich der Senat endgültig zusammensetzt, wird erst am 5. Januar entschieden. Dann findet in Georgia eine Nachwahl statt.
Den Europäern versprach Biden einen einvernehmlichen Ton bei der Suche nach Kompromissen, ebenfalls ein koordiniertes Vorgehen im Dreiecksverhältnis zu China. Ob er seinerseits auf das erste Angebot der Europäischen Union eingeht und Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen für Industrieerzeugnisse zustimmt, bleibt vorerst ungewiss - schließlich steht noch nicht einmal die Personalie des künftigen Handelsministers fest.
Zumindest dürfte aber die Gefahr von Sonderabgaben auf Automobilimporte aus Europa vom Tisch sein. Und dennoch wird auch unter Joe Biden ein Stück Protektionismus fortbestehen, zumindest in einer Light-Version. Denn er muss liefern, nicht nur gegenüber seinen Wählern, sondern auch gegenüber den 70 Mio Amerikanern, die für Donald Trump gestimmt haben. Deutsche Firmen können mit Barrieren umgehen - wenn sie beständig und kalkulierbar bleiben.
Es ist davon auszugehen, dass ab 2021 die Nachfrage nach Technologiegütern zum Ausbau der alternativen Energieversorgung wachsen wird, ebenso zur Reinhaltung von Luft, Wasser und Boden sowie zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Denn der neue US-Präsident will sich für den Abbau des CO2-Ausstoßes einsetzen.
Die deutsche Wirtschaft hat hier insbesondere Geschäftschancen bei der Planung und Ausrüstung von Offshorewindparks sowie bei der energieeffizienten Sanierung des überalterten Immobilienbestands, dabei vor allem bei der Planung und beim Bau von Aktiv- und Passivhäusern.
Das Interesse an Automatisierungslösungen ist während der Pandemie rasant gestiegen, zum einen zur Effizienzsteigerung der Unternehmen. Zum anderen aber auch, weil sich dadurch der Mindestabstand zwischen den Arbeitsplätzen erhöhen lässt, was wiederum eine Voraussetzung darstellt, um während der Pandemie weiterarbeiten zu können. Immer mehr Mittelständler in den USA interessieren sich für Automatisierungstechnik. Auch von dieser Entwicklung können der deutsche Maschinenbau sowie die deutsche Elektroindustrie profitieren.
Zusätzlich dürfte dem deutschen Maschinenbau Bidens Strategie zur Reindustrialisierung der USA entgegenkommen.