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Bundestag stimmt Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze zu

Erscheinungsdatum Website: 06.11.2020 17:40:01
Erscheinungsdatum Publikation: 09.11.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der Bundestag hat einer Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze zugestimmt. Die Sätze für alleinstehende Bezieher von Arbeitslosengeld II und alleinstehende, bedürftige Rentner sollen ab Januar um 14 Euro auf 446 Euro steigen. Bei Paaren, die in einem Haushalt leben, steigt der Regelsatz der Grundsicherung um 12 Euro auf 401 Euro. Sozialverbände kritisieren die Sätze als zu niedrig.

Bei Kindern bis fünf Jahre steigt der Satz um 33 Euro auf 283 Euro, bei älteren bis 13 Jahre um 1 Euro auf 309 Euro. Bedürftige Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren sollen ab dem kommenden Jahr 373 Euro erhalten und damit 45 Euro mehr als zuvor.

"Wir wollen verhindern, dass Menschen überhaupt in die Grundsicherung rutschen", betonte die SPD-Politikerin Dagmar Schmidt vor der Abstimmung im Deutschen Bundestag. Hauptziel müsse sein, darüber zu reden, wie man die Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt bekomme, erklärte der CSU-Abgeordnete Tobias Zech. Teile der Opposition übten heftige Kritik. Dem Gesetz wurde mit den Stimmen von Union, SPD und FDP zugestimmt. Grüne, Linke und AfD stimmten dagegen.

Die leichten Erhöhungen waren notwendig, weil die aktuellen Zahlen zur Preis- und Lohnentwicklung vorliegen. Die Sätze werden regelmäßig angeglichen, wenn der Regelbedarf aufgrund der neuen Einkommens- und Verbrauchsstichproben des Statistischen Bundesamts neu berechnet werden.

Als enttäuschend bewertete der Sozialverband VdK den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Erneut werde die Chance vertan, die Berechnung der Regelbedarfe auf eine solide und verfassungsgemäße Grundlage zu stellen. "14 Euro reichen vorne und hinten nicht. Wir fordern eine deutliche Erhöhung der Regelsätze, damit die Menschen am Leben teilhaben können", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Kinder und Jugendliche bräuchten eine eigene finanzielle Absicherung außerhalb des Grundsicherungssystems. Nur mit einer ausreichenden materiellen Absicherung könne der Armutskreislauf durchbrochen werden.

Der VdK forderte einen monatlichen Corona-Krisen-Aufschlag von 100 Euro. Die Corona-Krise treffe die Empfänger von Grundsicherung hart und bedeute für sie höhere Kosten und Ausgaben. Auch der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hatte zuvor die extremen Unterschiede der Sätze für Kinder und Jugendliche kritisiert. Mit den neuen Hartz-IV-Sätzen würde die Armut nicht bekämpft, sondern zementiert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Anpassung der Regelsätze als nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. "Alle Experten sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall, um über den Monat zu kommen. Hartz IV schützt nicht vor Armut, es manifestiert sie", so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. "Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern."

DJG/aat/apo/09.11.2020

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