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Ifo-Präsident Fuest und Ökonomengruppe loben EU-Aufbaufonds

Erscheinungsdatum Website: 24.07.2020 18:20:02
Erscheinungsdatum Publikation: 27.07.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der Europäische Fonds für die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise ist nach Ansicht des Präsidenten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, positiv zu werten. Es gelte, das Wirtschaftswachstum in den Empfängerstaaten mit den Mitteln nachhaltig zu stärken und die Staaten so weniger abhängig von Hilfen zu machen.

Zudem sei es notwendig, zukünftige Ausgaben der EU stärker auf die Bereitstellung europäischer öffentlicher Güter auszurichten. Das seien Ergebnisse eines Beitrags der European Economic Advisory Group (EEAG), der Fuest angehört. Der EU-Fonds trage dazu bei, die ökonomischen Folgen der Corona-Krise zu begrenzen. Er habe somit teilweise den Charakter einer Versicherung gegen ökonomische Verluste. Die Pandemie treffe EU-Länder im Einzelnen in unterschiedlichem Ausmaß - wie stark, sei noch nicht vollends abzusehen.

Sinnvoll seien außerdem Maßnahmen, die den Zugang der Mitgliedstaaten der Eurozone zu den Finanzmärkten sicherten, vor allem zur vereinbarten Kreditlinie des Euro-Währungsfonds ESM. "Die Pandemie darf nicht zu einem Vertrauensverlust an den Finanzmärkten führen, wie es in der Schuldenkrise der Fall war", warnte Fuest. "Liquiditätsengpässe auf den Anleihemärkten für besonders betroffene Länder mit bereits hohen Schuldenständen könnten destabilisierende Wirkung entfalten und die Krise verschärfen."

Zu den bisher ergriffenen Maßnahmen auf nationaler Ebene erklärten die Forscher laut Ifo-Institut, dass eine Unterstützung der Nachfrage zwar sinnvoll sei, mittelfristig aber keine strukturellen Veränderungen behindern dürften. Arbeit und Kapital gelte es dort einzusetzen, wo sie den größten Nutzen stifteten - auch über Industrie- und Ländergrenzen hinweg. Von einem Wettbieten bei Beteiligungen des Staates an heimischen Unternehmen rieten die beteiligten Autoren ab. Offene, flexible Märkte sowie ein fairer Wettbewerb seien die Kernelemente der europäischen Integration.

Mittelfristig werde das Schuldenmanagement in den Vordergrund rücken. Hohe öffentliche und private Schuldenstände stellten die Europäische Zentralbank vor ein erhebliches Dilemma. Falls die Inflation ansteige, könnten eventuell notwendige Zinserhöhungen die Tragfähigkeit der Schulden erschweren und zur Rückkehr der europäischen Schuldenkrise führen. Auch eine Umschuldung hin zu sehr langfristigen Schuldtiteln, etwa 100-jährige Staatsanleihen, sei problematisch, weil sie Anreize zu inflationärer Politik schüfen.

DJG/ank/hab/27.07.2020

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