Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Jedes dritte Unternehmen erwartet harten Brexit

Erscheinungsdatum Website: 26.06.2020 17:15:02
Erscheinungsdatum Publikation: 29.06.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Knapp ein Drittel (30 Prozent) der deutschen Unternehmen wappnet sich für einen harten Brexit. Das geht aus einer Erhebung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) mit der Unternehmensberatung Deloitte hervor, für die Ende Mai 248 Unternehmen mit wirtschaftlichen Verbindungen zum Vereinigten Königreich befragt wurden. Sollte es zu dem ungeregelten Austritt kommen, planen 30 Prozent der Betriebe einen Stellenabbau in Deutschland.

Im vergangenen Jahr war die Sorge vor einem nachlassenden Handel infolge eines ungeregelten Austritts Großbritanniens besonders hoch. Noch immer fürchten knapp 40 Prozent einen hohen Schaden für ihr Unternehmen durch einen sogenannten No-Deal. Besonders hoch fällt diese Besorgnis beim Maschinenbau (55 Prozent) sowie beim Handel (50 Prozent) aus. Die höchsten Verluste erwartet das Bankwesen, das sich zugleich relativ schlecht vorbereitet weiß, während sich die Automobilindustrie überdurchschnittlich gut gewappnet fühlt. Dennoch sagen insgesamt fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer, dass sie sich "gut" oder "sehr gut" auf den Brexit vorbereitet fühlen.

Um die komplizierten Brexit-Gespräche bis Ende 2021 oder Ende 2022 zu verlängern, müssten die Briten bis Ende Juni - also nächste Woche - einen Antrag stellen. Die Regierung von Premierminister Boris Johnson hatte aber bereits Mitte des Monats eine Verlängerung der Verhandlungsfrist mit der EU endgültig ausgeschlossen. Damit wächst der Druck, bis Jahresende ein Abkommen über die künftigen Beziehungen beider Seiten zu vereinbaren. Die Briten waren am 31. Januar aus der EU ausgetreten.

Trotz dieser Ausgangslage hoffte im Mai noch immer weit mehr als die Hälfte der Firmen auf eine Verschiebung der Verhandlungsfrist (25 Prozent) oder auf einen rechtzeitigen Abschluss eines umfassenden Freihandelsabkommens (26 Prozent). Weitere 18 Prozent erwarten ein Basisabkommen. Verhandlungskonflikte mit Großbritannien sehen die Unternehmen vor allem bei der EU-Forderung nach fairem Wettbewerb (58 Prozent), gefolgt von den Themen Steuern (45 Prozent) und Subventionen (43 Prozent).

"Der schleppende Verhandlungsverlauf erschwert wichtige Investitionsentscheidungen", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. "Es besteht die Gefahr, dass sich die Verlagerungen weg von Großbritannien auf andere Standorte beschleunigen, wenn sich nicht sehr bald eine Perspektive für eine Wirtschaftspartnerschaft abzeichnet."

Dennoch sehen die Unternehmen auch Chancen in einem Brexit. Einerseits werde dadurch der Finanzplatz Deutschland gestärkt (54 Prozent), zugleich könne die Attraktivität des Landes für ausländische Direktinvestitionen steigen (44 Prozent). 43 Prozent befürworten für die Zeit nach dem Brexit eine vertiefte europäische Integration.

DJG/pso/jhe

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