Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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"Nachrichten für Außenhandel (NfA)" – die einzige deutschsprachige Tageszeitung für die gesamte Außenwirtschaft bietet einen schnellen und strukturierten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen auf den internationalen Wachstumsmärkten.

Die NfA liefert hochwertige und praxisrelevante Hintergrundinformationen, ausführliche Analysen und Bewertungen -  deutlich umfassender als in der Wirtschaftstagespresse. Im Fokus stehen die deutschen Exportbranchen mit Schwerpunkt auf Investitionsgütern

Afrika: Schutzschirm für den Kontinent

Erscheinungsdatum Website: 29.04.2020 10:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 30.04.2020

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Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft legt Drei-Punkte-Plan vor

BERLIN (NfA)--Während Deutschland versucht, mit dem grassierenden Coronavirus klarzukommen und milliardenschwere Hilfspakete beschließt, steht in einem anderen Teil der Welt eine Entwicklung erst am Beginn, die auch uns in Deutschland noch massiv betreffen wird. Die meisten afrikanischen Länder haben es lange geschafft, Corona-Krankheitsfälle zu vermeiden und erfolgreich versucht, Infizierte bereits an den Grenzen zu identifizieren. Auch vor dem Hintergrund der Erfahrung mit Ebola vor einigen Jahren scheint das recht lange gut gelungen zu sein. Doch nun hat das Virus auch die meisten Länder unseres südlichen Nachbarkontinents erreicht und ein Dammbruch kann nur schwer vermieden werden. Bei in der Regel organisatorisch schlechter aufgestellten Verwaltungen und unzureichenden Gesundheitssystemen ist eine deutlich schnellere Verbreitung und stärkere Auswirkungen auf die Menschen zu erwarten, als in weiter entwickelten Regionen der Welt.

In Afrika könnte die Pandemie viele Bemühungen der vergangenen Jahre um eine erfolgreiche Entwicklung des Kontinents zunichtemachen. Noch viel stärker als in Deutschland mit seinen Reserven und Sozialsystemen wird die Krise nahezu unweigerlich zu einem wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess führen. Schließlich wird der Kontinent die Folgen der weltweiten Rezession deutlich zu spüren bekommen. Die Folge könnten steigende Armut und Arbeitslosenzahlen sein und es könnte zu einer neuen Migrationswelle kommen.

Aus der Perspektive der deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen kommt die Pandemie zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt: Gerade sind erste Erfolge der Initiativen des Bundes zu sehen, die zu mehr Investitionen und damit auch zu mehr Arbeitsplätzen in Afrika führen sollten. Nachdem die Bundeskanzlerin während der deutschen G20-Präsidentschaft einen großen ?Compact with Africa? ins Leben gerufen hatte, waren die deutschen Investitionen auf dem Kontinent im Jahr 2018 und 2019 signifikant gestiegen. Krisenbedingt schrumpfende afrikanische Volkswirtschaften werden diese kleinen Erfolge in nur wenigen Wochen auffressen. Um die Folgen zu mildern, sind jetzt mehrere Schritte schnell notwendig.

Erstens: Die Bundesregierung hat 300 Mio Euro für humanitäre Hilfsmaßnahmen bereitgestellt, unter anderem für afrikanische Staaten, um die Pandemie auf dem Kontinent bestmöglich zu bekämpfen. Dies ist ein Anfang, wird aber bei Weitem nicht ausreichen, um das Problem zu lösen. Die Wirtschaft ist zur Kooperation und Unterstützung bereit, soweit das in der aktuellen Lage möglich ist. Es geht um die Verhinderung einer humanitären Katastrophe. Die Vorsorge- und Kontrollsysteme sind in Afrika vergleichsweise gut entwickelt. Die Versorgung von Erkrankten dagegen ist vollkommen unzureichend und wird menschenwürdig nur mit internationaler Hilfe möglich sein.

Zweitens: Es liegt aber auch in unserem Interesse, dass das Wachstum auf dem Kontinent möglichst wenig beeinträchtigt wird. Afrika benötigt sofort nach Ende der Krise einen Wachstumsschub, der zurückgehende Wirtschaftsleistungen möglichst schnell wieder ausgleicht. Das liegt im Interesse unserer afrikanischen Partner, aber auch in unserem eigenen. Daher müssen Entwicklungsmittel massiv umgeschichtet und möglichst viele verfügbare Gelder darauf verwendet werden, die Schaffung von Arbeitsplätzen in Afrika zu unterstützen. Das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat erste Änderungen bei seinen Instrumenten für Unternehmen angekündigt. Das ist gut, sollte allerdings nur ein Anfang sein. Arbeitsplätze entstehen primär durch private Investitionen. In Zeiten, in denen deutsche Mittelständler sich wegen eigener krisenbedingter Schwierigkeiten mit neuen Vorhaben in Afrika schwerer tun werden als bisher, benötigt es vergünstigte Finanzierungsmöglichkeiten, Risikoabsicherung und Garantien. Die bislang zurecht in diese Richtung neu ausgerichtete deutsche Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik muss sich nun noch entschiedener auf diesen Aspekt konzentrieren. Das bedeutet: Arbeitsplätze für junge Menschen in Afrika zu schaffen, muss absolute Priorität haben.

Drittens: Afrikanische Länder haben aus Anlass der Krise bereits um Schuldenerlasse und mehr Mittel gebeten. Die Regierung Äthiopiens hat bei den G20-Staaten vorgeschlagen, auf Kreditrückzahlungen von über 150 Mrd Euro zu verzichten. Das ist weder zielführend noch notwendig und daher abzulehnen. Schulden, die Regierungen vor der Krise aufgehäuft haben, sollten in ein Paket nicht eingehen. Wir sollten nicht aus falsch verstandener Solidarität laufende Haushalte in Afrika entschulden, sondern besser zielgerichtet wirtschaftliche Entwicklung fördern.

Nur durch entschlossenes Handeln bereits heute werden wir die massiven mittelfristig zu erwartenden Auswirkungen der Pandemie abfedern können. Auch Afrika braucht einen Rettungsschirm. Das sollten wir bei allen dringenden innenpolitischen Debatten nicht übersehen - in unserem eigenen Interesse.

Autoren:

Prof. Dr. Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft

Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft

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