Euro Intern

"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.

EU-Coronahilfen starten am 1. Juni - Merkel verneint Bonds

Erscheinungsdatum Website: 24.04.2020 18:50:01
Erscheinungsdatum Publikation: 27.04.2020

zurück zur Übersicht

BERLIN (Dow Jones)--Das beschlossene EU-Hilfspaket von mehr als einer halben Billion Euro zur Linderung der Corona-Krise soll am 1. Juni anlaufen. "Das heißt, im Mai müssen alle Elemente umgesetzt werden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin im Anschluss an die Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs. Darauf habe sich zuvor der EU-Rat geeinigt. Nun müsse auch der Deutsche Bundestag noch beteiligt werden.

Das zuvor von den EU-Finanzministern geschnürte Paket enthält vorsorgliche Kreditlinien des Eurorettungsschirms ESM für gesundheitsbezogene Ausgaben der Mitgliedsstaaten, ein Programm der Europäischen Investitionsbank EIB sowie das von der Kommission vorgeschlagene Kurzarbeitergeld im Rahmen des europäischen Programms "Sure". Insgesamt beträgt das Paket für die drei Säulen 540 Milliarden Euro. Merkel betonte, es gebe nun ein Instrumentarium, "um schnell und effektiv helfen zu können".

Die EU-Spitzen seien sich auch einig gewesen, dass es einen wirtschaftlichen Wiederaufbaufonds für die Zeit nach Ende der Pandemie geben müsse. "Wir brauchen ein solches Konjunkturprogramm", sagte Merkel. Allerdings werde es keine Vergemeinschaftung von Schulden geben, betonte die Kanzlerin.

Die konkrete Ausgestaltung und Höhe der weiteren wirtschaftlichen Hilfen war jedoch vor dem Treffen hart umstritten. Italien hatte Corona-Bonds gefordert, bei denen die Eurozone-Mitgliedsstaaten gemeinschaftlich für die Schulden der Eurozone haften. Deutschland, die Niederlande und Österreich sind dagegen. Merkel hatte bereits bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag erklärt, dies würde eine Änderung der europäischen Verträge erfordern und daher viel zu lange dauern. Sie habe dieses Argument bei der Videokonferenz nun wiederholt, sagte Merkel.

Auch über die Höhe der Summen war gestritten worden. Zusätzlich zu den nun beschlossenen Hilfen hatte Währungskommissar Paolo Gentiloni zuvor eine zusätzliche Billion Euro gefordert. Eine Einigung über diese Streitpunkte war allerdings nicht bei der jetzigen Videokonferenz erwartet worden. Ein Beschluss gilt nicht vor Sommer als wahrscheinlich. Merkel bekräftigte, trotz der Differenzen habe es bei dem fast viereinhalbstündigen Videogespräch "eine sehr gute Atmosphäre" gegeben. "Es war eine freundschaftliche Unterhaltung."

Die CDU-Politikerin befürwortet eine Finanzierung des Wiederaufbaufonds über den ab 2021 beginnenden EU-Haushalt. "Das bedeutet für Deutschland natürlich auch, dass wir mit höheren Beiträgen für den nächsten Haushalt rechnen müssen." Aber dies sei "richtig und gut so. Das ist eine Krise, die uns alle erwischt hat, aber von der alle unterschiedlich betroffen sind."

Als Konsequenz aus der europäischen Solidarität müsse es allerdings eine vertiefte Zusammenarbeit in Europa geben, betonte Merkel. Zuvor hatte auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine stärkere Angleichung der Steuer- und Haushaltspolitik in der EU angemahnt. "Wir werden solche großen Solidaritätspakete nur machen können, wenn wir auch einen Schritt weiter gehen in Richtung Fiskalunion", erklärte der Vizekanzler in der ZDF-Sendung "Was nun, Herr Scholz?". Es könne nicht dabei bleiben, dass es dann 27 völlig getrennte Staaten gebe. Es werde notwendig sein, "bestimmte Sachen zu harmonisieren".

Die EU-Spitzen haben die Kommission auch mit einer Untersuchung beauftragt, welche Sektoren am stärksten betroffen sein werden. Im Mai soll die Brüsseler Behörde zudem einen Vorschlag für die Höhe und Finanzierung des Wiederaufbaufonds vorlegen.

DJG/pso/jhe/27.04.2020

zurück zur Übersicht