Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Corona-Hilfen gehen an vielen Startups vorbei

Erscheinungsdatum Website: 31.03.2020 16:45:03
Erscheinungsdatum Publikation: 01.04.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Die Corona-Hilfen des Bundes gehen offenbar an den meisten deutschen Startups vorbei. Diese Unternehmen hätten insbesondere in ihrer Frühphase weder eine kreditgebende Hausbank noch erfüllten sie die herkömmlichen Kriterien, um einen Kredit zu erhalten, heißt es in einer Studie, die der Bundesverband Deutsche Startups anlässlich der aktuellen Krise veröffentlichte.

Für die Kredite der KfW-Förderbank im Wirtschaftsstabilisierungsfonds, den der Bund in der vergangenen Woche beschlossen hat, kommen lediglich kritische Unternehmen und größere mit einer Bewertung von mindestens 50 Millionen Euro infrage. Das seien lediglich 150 bis 200 Startups, erklärte Verbandspräsident Christian Miele. Bei den kleineren Gründern könnten Steuerstundungen und Kurzarbeit zwar die Liquidität kurzzeitig verbessern, diese seien aber "insgesamt kein hinreichendes Instrument", so die Studie.

Wagniskapitalgeber fallen aus

Private Geldgeber wie Business Angels oder Venture-Capital-Gesellschaften dürften zudem krisenbedingt "eher zögerlich investieren". Die Branche schlägt deshalb in einem Vier-Punkte-Plan eine Aufstockung der staatlichen Existenzgründerprogrammen sowie einen Matching-Fonds. Dieser würde die Investitionssumme der privaten Bestandsgesellschafter in einem festen Schlüssel etwa von 1:4 mit einem Wandeldarlehen mischen. Damit würde der Matching-Fonds analog der KfW-Kredite 80 Prozent der Gesamtinvestitionen übernehmen. In einem dritten und vierten Schritt schlägt der Verband auch Venture Debt und einen staatlichen Anteil an Wagniskapitalfonds vor, die wegen der Corona-Krise ausfallen und sonst die Finanzierung von Startups sichergestellt hätten. Verbandspräsident Miele forderte "einen einstelligen Milliardenbetrag".

Tatsächlich zeigt eine Umfrage des Verbands unter 1.000 Startups bundesweit in Zusammenarbeit mit Curth + Roth, wie groß die Not durch die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie ist. Neun von zehn Startups sehen ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Über 80 Prozent der Gründerunternehmen sehen sich sogar in ihrer Existenz gefährdet.

80 Prozent der Startups von Existenz bedroht

Von der Krise sind laut der Umfrage, die vom 23. bis 25. März durchgeführt wurde, mit sehr wenigen Ausnahmen wie der Bauindustrie nahezu alle Branchen gleichmäßig betroffen. Besonders hart ist die Lage für Tourismus-Startups, von denen beinahe alle von der Existenz bedroht sind (95,7 Prozent). Sieben von zehn Startups (69,7 Prozent) sehen eine "akute Gefährdung" in den kommenden sechs Monaten. Dabei ist der Unterschied zwischen großen (73 Prozent) und kleinen Firmen mit weniger als 15 Mitarbeitern (80,5 Prozent) nicht sehr groß. Vor allem diejenigen, die in den kommenden drei Monaten eine Finanzierungsrunde erwarten, sehen diese gefährdet (89,8 Prozent).

Das Bild sei "tatsächlich dramatischer als wir erwartet haben", erklärte Verbandspräsident Christian Miele. "Das Startup-Ökosystem steht angesichts der Corona-Krise vor einem massiven Startup-Sterben." Der Hersteller essbarer Bestecke, Spoontainable, überlebt derzeit nur, weil die Produzenten solidarisch gewesen seien, sagte Inhaberin Amelie Vermeer. Mit der Soforthilfe von 9.000 Euro könne sie zwar die Miete zahlen, nicht aber die Gehälter der Gründerinnen. Sie sei nun auf "komplett null". Sollte sich die Krise weiter hinziehen, drohe die Insolvenz, so Vermeer.

Der Startup-Beauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek (CDU), erklärte, wenn das nächste Google oder Facebook aus Deutschland kommen soll, müsse der Branche nun geholfen werden. "Das ist der Grund, warum wir das Thema Zukunftsfonds nach vorne treiben."

Massives Startup-Sterben droht

Der Wirtschaftsrat der CDU forderte hier mehr Tempo. "Der Zukunftsfonds der Bundesregierung würde ein starkes Signal in unsicheren Zeiten setzen", warnte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bedrohten die Startup-Wirtschaft und gefährdeten damit die digitale Kompetenz Deutschlands. "Deshalb ist es wichtig, besonders jetzt entschieden zu handeln", so Steiger. Es dürfe aber kein Geld in Form von Subventionen fließen. Denkbar seien staatliche Darlehen, die nach der Krise wieder zurückbezahlt werden müssen. "So könnte die Liquiditätshilfe beispielsweise für einen Monat im Verlauf eines Jahres mit niedrigen Raten und ohne Verzinsung zurückgeführt werden", erklärte der Wirtschaftsratsgeneral.

DJG/pso/jhe

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