Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.
Coronavirus trübt Stimmungsindikatoren
Erscheinungsdatum Website: 14.02.2020 17:25:02
Erscheinungsdatum Publikation: 17.02.2020
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Stimmung unter Investoren und in Unternehmen dürfte im Januar von der Coronavirus-Epidemie getrübt worden sein. Volkswirte erwarten, dass sowohl die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter Investoren und Finanzanalysten erhobenen Konjunkturerwartungen für Deutschland als auch die europäischen Einkaufsmanagerindizes im Februar gefallen sind.
Darüber hinaus stehen in der Woche Protokolle der geldpolitischen Beratungen von Europäischer Zentralbank und US-Notenbank sowie der deutsche Konsumklimaindikator für März an.
Analysten für erstes Quartal sehr zurückhaltend
Die deutsche Wirtschaft hat das Jahr 2019 mit negativen konjunkturellen Paukenschlägen beendet: Die Produktion im produzierenden Sektor sank im Dezember um 3,5%, die Auftragseingänge fielen um 2,1% und die Einzelhandelsumsätze um 2,0%. Wer bis dahin gedacht hatte, das vierte Quartal würde eine Wachstumsverstärkung bringen, sah sich enttäuscht: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im vierten Quartal lediglich. Und für das erste Quartal des neuen Jahres äußerten sich Volkswirte auch sehr zurückhaltend.
Die Stimmungsdaten sahen zuletzt durchwachsen aus: Der Industrie-PMI (43,3 Punkte) lag im vierten Quartal deutlich unter der Wachstumsmarke von 50 Punkten, stieg aber gegenüber dem dritten Quartal immerhin um 1,2%. Im Januar notiert er bei 45,3 Punkten. Der auf den Produktionsunterindizes von Industrie und Dienstleistungssektor basierende aggregierte PMI sank im vierten Quartal um 0,4% auf 49,4 Punkte, stieg dann aber im Januar auf 51,2 Punkte.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank zwischen Juli und Dezember 2019 nicht mehr, ging dann aber im Januar unerwartet zurück. Die ZEW-Konjunkturerwartungen stiegen seit September ununterbrochen und lagen im Januar mit 26,7 Punkten erstmals seit viereinhalb Jahren über dem langjährigen Mittelwert von 21,3 Punkten.
ZEW-Index und europäische PMIs dürften sinken
Diese mit Ausnahme des Ifo-Ausreißers positive Serie von Stimmungsindikatoren könnte nun im Februar enden. Volkswirte erwarten, dass der ZEW-Index (Veröffentlichung am Dienstag, 11.00 Uhr) auf 21,0 Punkte gesunken ist. Für den deutschen Industrie-PMI (Veröffentlichung am Freitag, 9.30 Uhr) wird ein Rückgang auf 44,8 (45,3) Punkte erwartet. Das Gleiche gilt für den Euroraum-PMI (10.00 Uhr), für den ein Rückgang auf 47,5 (47,9) Punkte prognostiziert wird.
Grund für die Stimmungseintrübung dürfte die Ausbreitung des Coronavirus vor allem in China sein. Das Virus kann seinen Einfluss auf Deutschland nach Aussage der KfW über zwei Kanäle entfalten: Zum einen über einen kurzfristigen Nachfrageausfall aus China und zum anderen über Störungen in den grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen.
Das Virus könnte darüber hinaus aber auch die Konsumlaune und die Reiselust der Verbraucher beeinträchtigen. Laut Google hatte die öffentliche Aufmerksamkeit für das Coronavirus ihren Höhepunkt Ende Januar/Anfang Februar. Für den GfK-Konsumklimaindikator wird ein Rückgang auf 9,8 (9,9) Punkte prognostiziert.
Japans BIP sinkt wegen Mehrwertsteuererhöhung kräftig
Ein weiteres wichtiges Konjunkturdatum ist die Veröffentlichung des japanischen BIP für das vierte Quartal. Analysten erwarten wegen der Mehrwertsteuererhöhung im Oktober einen regelrechten Absturz der Wirtschaftsleistung um 1,0% (Factset-Konsens). Zudem wütete im Oktober auch der Taifun Hagibis. Und schließlich litten die Investitionen unter dem schleppenden Exportwachstum.
Zwei wichtige Notenbanktermine gibt es in der Woche: Am Mittwoch (20.00 Uhr) veröffentlicht die US-Notenbank das Protokoll der Beratungen des Offenmarktausschusses FOMC vom 28./29. Januar. Der Fokus der Analysten dürfte auf der Frage liegen, inwieweit der Ausbruch des Coronavirus die Lagebeurteilung der Fed beeinflusst. Fed-Chef Jerome Powell hatte bei der Kongressanhörung gesagt, dass "der Ausbruch in China das Potenzial hat, Störungen der Weltwirtschaft auszulösen".
Er bestätigte aber die abwartende Haltung der Fed, indem er sagte, dass die Geldpolitik der Fed so lange angemessen sei, wie sich die Wirtschaft im Einklang mit den Prognosen entwickle. "Sollte es zu Entwicklungen kommen, die eine deutliche Revision unseres Ausblicks nach sich ziehen, würden wir entsprechend reagieren", versicherte Powell.
EZB veröffentlicht Sitzungsprotokoll vom 23. Januar
Die EZB veröffentlicht ihr Protokoll der Ratssitzung vom 23. Januar am Donnerstag (13.30 Uhr). Die Zentralbank hatte ihre Geldpolitik im Januar wie erwartet unverändert gelassen, sich aber etwas optimistischer zu den Wachstums- und Inflationsaussichten geäußert. Seither ist allerdings der Ifo-Geschäftsklimaindex gesunken, die Entwicklung der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal überraschte negativ und die Ausbreitung des Coronavirus bereitet den Zentralbankern zunehmend Sorgen.
Ansonsten war von Interesse, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde die teilweise Freistellung von Überschussreserven vom negativen Einlagenzins der EZB als eine "extrem gut funktionierende" Maßnahme zur Abfederung der Nebenwirkungen dieses Zinses bezeichnete. Banken, vor allem deutsche, hörten das gerne und fordern derzeit mehr davon.
Nachdem Lagarde im Januar den Startschuss für die Prüfung der EZB-Strategie gegeben hat, werden Analysten von nun an genau darauf achten, ob sich Spuren dieser Diskussion in den Sitzungsprotokollen finden.
DJG/hab/apo