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EZB/Weidmann äußert sich skeptisch zu digitalem Zentralbankgeld

Erscheinungsdatum Website: 31.01.2020 18:05:24
Erscheinungsdatum Publikation: 03.02.2020

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FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat sich skeptisch zur Schaffung eines digitalen Zentralbankgeldes geäußert. "Viele Fragen rund um digitales Zentralbankgeld sind noch offen", sagte Weidmann laut veröffentlichtem Redetext in Freiburg anlässlich der Verleihung der Walter-Eucken-Medaille an ihn selbst. Die Deutsche Bundesbank arbeitet nach seinen Worten intensiv daran, die Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken noch besser zu erforschen. Danach könne man prüfen, welchen Zweck digitales Zentralbankgeld erfüllen könne und ob sich die Risiken beherrschen ließen, sagte er.

Weidmann erläuterte in der Rede außerdem kurz seine Haltung zur Einbindung von Zentralbanken in die Bemühungen um den Klimaschutz und vertrat ansonsten seine bekannten Positionen zu Staatsanleihekäufen.

Bessere Zahlungsdienstleistungen können von Privaten kommen

Weidmann warnte zunächst davor, digitale Zahlungsdienstleistungen und digitales Zentralbankgeld in einen Topf zu werfen. "Wenn es darum geht, Kundenwünsche zu erfüllen, dann ist das in einer Marktwirtschaft grundsätzlich die Sache von Unternehmen", sagte er. Private Anbieter könnten die Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen beschleunigen und kostengünstiger gestalten, indem sie bestehende Systeme aufrüsteten.

Echtzeitzahlungen sollten laut Weidmann nach und nach zum Standard in Europa werden, weitere neue und komfortable Anwendungen für die Verbraucher könnten entstehen. Der Bundesbank-Präsident weist außerdem darauf hin, dass im Zuge der Digitalisierung mehr und mehr Prozesse vollständig automatisiert werden dürften, weshalb es praktisch wäre, ein programmierbares Zahlungsmittel einzubinden.

"Aber auch das können private Anbieter bewerkstelligen und selbst digitale Wertmarken, sogenannte Token, zu diesem Zweck entwickeln", konstatierte er. Hier sind also in erster Linie die Geschäftsbanken gefordert, entsprechende Dienstleistungen anzubieten, wenn es einen Markt dafür gebe.

Bei digitalem Zentralbankgeld genau auf die Risiken achten

Digitales Zentralbankgeld für die Bürger komme Weidmann zufolge erst ins Spiel, wenn diese eine digitale Forderung gegenüber der Notenbank erhalten sollen. "Ein solcher Schritt müsste aber wohlüberlegt sein - das gebe ich bereits seit Längerem zu bedenken", sagte er. Dazu gehöre, die vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten zu vergleichen und mögliche Folgewirkungen und Risiken abzuschätzen.

"Je nach Ausgestaltung würden die Kunden womöglich in großem Stil von Bankguthaben in digitales Zentralbankgeld umschichten. Das würde längerfristig das Finanzsystem erheblich verändern", gab Weidmann zu bedenken. Im Falle einer Bankenkrise könnte die Gefahr eines Bank-Runs steigen, wenn sich die Schäfchen per Mausklick ins Trockene bringen ließen.

Darüber hinaus äußerte Weidmann Verständnis für die Bemühungen der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die Europäische Zentralbank (EZB) zumindest ein wenig in den Dienst des Klimaschutzes zu stellen.

Klimarisiken auch in Zentralbankbilanzen zu finden

Die Zentralbank müsse als Bankenaufseher darauf achten, dass die Banken finanzielle Risiken aus dem Klimawandel und dem Übergang zu einer grüneren Wirtschaft in ihrem Risikomanagement angemessen berücksichtigten, sagte er. "Wenn wir an dieser Stelle von den Finanzmarktteilnehmern mehr Bewusstsein fordern, müssen wir diesen Ansprüchen auch selbst gerecht werden. Denn finanzielle Risiken mit Klimabezug könnten ebenfalls unsere eigenen Wertpapierbestände betreffen."

DJG/hab/smh/03.02.2020

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