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Bundestag plant trotz höherer Ausgaben im Budget mit Schwarzer Null

Erscheinungsdatum Website: 15.11.2019 18:10:02
Erscheinungsdatum Publikation: 18.11.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Trotz der schwächeren Konjunktur und des jüngst beschlossenen Klimapakets wird der Bund auch 2020 nach den neuesten Parlamentsplanungen eine Schwarze Null im Budget schreiben. Kommendes Jahr sollen die Ausgaben insgesamt 362,0 Milliarden Euro betragen, gab die Unionsfraktion nach der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses bekannt, die bis zum frühen Freitagmorgen dauerte. Endgültig wird der Haushalt am 29. November vom Bundestag beschlossen.

Den im Budget geplanten Ausgaben sollen Einnahmen in gleicher Höhe entsprechen. Gegenüber dem Entwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wurden Einnahmen und Ausgaben um je 1,66 Milliarden Euro erhöht. Er hatte ursprünglich Ausgaben von 360,3 Milliarden Euro eingeplant.

Der Ansatz für die zu erwartenden Steuereinnahmen wurde gegenüber Scholz' Planung um 2,8 Milliarden auf 325,0 Milliarden Euro gesenkt. Dafür werden aber nun sonstige Einnahmen von 37,0 Milliarden Euro und damit 4,5 Milliarden Euro mehr veranschlagt. Die Investitionen sollen gegenüber der ursprünglichen Planung um 1,2 Milliarden auf 42,9 Milliarden Euro steigen.

Die Ausgaben für Bildung und Forschung erreichen nach Angaben der Unionsfraktion einen neuen Höchststand von 18,3 Milliarden Euro. Zusätzliche Mittel von 222 Millionen Euro fließen demnach in den Digitalpakt Schule, und der Strukturwandel in den Kohleregionen wird mit weiteren 500 Millionen Euro unterstützt. Mit dem Haushalt wird auch das Klimaschutzprogramm der Koalition umgesetzt. Unter anderem gibt es eine Milliarde Euro zur Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn.

Weniger Zinsausgaben geplant

Finanziert werden sollen de beschlossenen Mehrausgaben insgesamt durch eine Senkung der Zinsausgaben um 2,8 Milliarden auf 12,6 Milliarden Euro und eine Erhöhung der Entnahme aus der Asylrücklage um 1,4 Milliarden auf 10,6 Milliarden Euro.

Die Chefhaushälter der Koalition lobten den vereinbarten Haushalt. "Es bleibt dabei: keine neuen Schulden", erklärte Unions-Haushaltssprecher Eckhardt Rehberg (CDU) in einer Mitteilung. Deutschland habe kein Finanzierungsproblem. "Wir verfügen über die notwendigen Einnahmen, um die richtigen Schwerpunkte zu finanzieren: Klimaschutz, innere und äußere Sicherheit, Bildung und Forschung sowie soziale Sicherung."

Der SPD-Budgetexperte Johannes Kahrs sah in dem Haushalt "das richtige Signal in schwierigen Zeiten" und betonte: "Wir stärken die Wachstumskräfte in Deutschland mit Investitionen auf Rekordniveau - auch weiterhin ohne neue Schulden." Der Klimaschutz werde mit Förderprogrammen in Milliardenhöhe vorangetrieben, die Ausgaben für Bildung und Forschung erreichten ein Hoch, und Deutschland werde seiner internationalen Verantwortung durch mehr Verteidigungsausgaben gerecht.

Diese werden laut den Angaben um weitere 134 Millionen auf 45,1 Milliarden Euro erhöht. "Damit erreichen wir eine Nato-Quote von 1,42 Prozent des BIP und nähern uns dem 1,5-Prozent-Ziel im Jahr 2024", erklärte Rehberg. "Wichtig ist: In den nächsten Jahren darf die Nato-Quote nicht weiter absinken, wie dies Finanzminister Scholz bisher vorsieht", hob er hervor.

"Schwarze Null hat sich überlebt"

Der Grünen-Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler kritisierte hingegen die Ergebnisse über den Kurznachrichtendienst Twitter. "Im Haushalt leider zu wenig Investitionen, dafür klammeren Union und SPD weiter krampfhaft am Dogma der Schwarzen Null", bemängelte er. Bei einer Pressekonferenz erklärte er zudem, in Zeiten von Nullzinsen und angesichts mangelnder Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung sei es "falsch, auf neue Kredite zu verzichten". Der Spielraum der Schuldenbremse solle deshalb ausgenutzt werden. "Die Schwarze Null hat sich überlebt." Zur Finanzierung von Investitionen forderte Kindler auch eine Streichung klimaschädlicher Subventionen.

FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke betonte bei derselben Pressekonferenz, das Budget werde aus guten Zeiten der Vergangenheit finanziert, ohne an die Zukunft zu denken. "Das ist kein moderner Haushalt." Das Budget profitiere von immer noch steigenden Steuereinnahmen. Fricke betonte, neue Schulden würden nur durch einen Rückgriff auf die Asylrücklage kaschiert. "Es ist keine Schwarze Null", sagte er. Diese sei aber aus politischer Sicht wichtig.

Die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch warf der Koalition mangelnde Vorsorge vor. "Ich finde, dass es keinerlei Grund gibt zum Jubeln, denn dieser Haushalt wird nicht dazu beitragen, unser Land gerechter und sozialer zu machen, und er trifft auch gar keine Zukunftsvorsorge", sagte sie bei derselben Pressekonferenz. Die Bundesregierung tue nichts um vorzusorgen, und die Binnenkonjunktur zu stärken. Es bleibe ein erhebliches Klumpenrisiko. Die Investitionen müssten erhöht werden, und die Regierung müsse dafür sorgen, dass der gegenwärtige Investitionsstau aufgelöst werde.

DJG/ank/mgo

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