Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Deutsches BIP sinkt im 3. Quartal um 0,1%
Erscheinungsdatum Website: 08.11.2019 18:20:03
Erscheinungsdatum Publikation: 11.11.2019
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Wirtschaftsleistung Deutschlands dürfte im dritten Quartal 2019 erneut geschrumpft sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte prognostizieren einen Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,1%, nachdem das BIP bereits im zweiten Quartal in dieser Größenordnung gesunken ist. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die Daten am Donnerstag (8.00 Uhr).
Im Einklang mit dem bereits gemeldeten Wachstum des Euroraum-BIP von 0,2% würde allerdings eher eine BIP-Stagnation stehen, wie Eurostat sie in erster Veröffentlichung gemeldet hatte. Volkswirte erwarten, dass die Statistiker dieses Ergebnis in zweiter Schätzung bestätigen werden (Donnerstag, 11.00 Uhr). Ansonsten stehen in der Woche die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland, BIP-Daten aus Großbritannien und Japan sowie diverse US-Inflationsdaten an.
Ob die Quartalsrate des deutschen BIP nun 0,0 oder minus 0,1% lautet, ist eigentlich nur deshalb von Interesse, weil minus 0,1% bedeuten würde: Zweites Quartal in Folge mit rückläufiger Wirtschaftsleistung. Das wiederum hieße, dass sich Deutschland erstmals seit Anfang 2013 in einer "technischen Rezession" befände.
Von einer echten Rezession unterscheidet sich eine solche technische dadurch, dass der Arbeitsmarkt in einer guten Verfassung ist und dass die Unternehmen ihre Investitionen nicht stark einschränken. Der deutsche Arbeitsmarkt ist sehr robust, die Arbeitslosigkeit ist nahe einem Allzeittief, die Beschäftigung wächst, und die Investitionen sind bisher jedenfalls nicht eingebrochen.
Allerdings ist die deutsche Wirtschaft zweigeteilt. Auf der einen Seite steht das verarbeitende Gewerbe, dass seit 2017 aus einem außenwirtschaftlich getriebenen Boom in eine Rezession gefallen ist. Aktuelle Daten zeigen aber, dass die Industrieproduktion im dritten Quartal nur noch um 1,1 (zweites Quartal: 1,5)% gefallen ist. Von der Entstehungsseite des BIP ist weiterhin bekannt, dass die Bauproduktion stagniert, nachdem sie im zweiten Quartal um 0,7% gesunken war. Beides sind positive Impulse.
Verwendungsseitig sind die Daten gemischt. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 0,6 (0,1)%, was einen positiven Wachstumsimpuls vom privaten Konsum erwarten lässt. Die Dekabank prognostiziert zudem einen positiven Beitrag vom Staatskonsum und eine nur geringe Bremswirkung von den Nettoexporten. Deutlicher dürfte dagegen das Minus bei den Ausrüstungsinvestitionen ausfallen.
Die interessantere Frage ist: Wie lange kann der Dienstleistungssektor noch der Schwäche der Industrie widerstehen? Wird das BIP im vierten Quartal und Anfang 2020 weiter schrumpfen? Das wird nicht zuletzt vom Fortgang der Handelskonflikte abhängen, die die USA mit wichtigen Teilen der Weltwirtschaft austragen. Zuletzt gab es in dieser Hinsicht positive Signale, so dass es nicht verwundert, dass Finanzanalysten und Investoren wieder positiver gestimmt sind.
Der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobene Index der Konjunkturerwartungen für Deutschland dürfte im November steigen. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte sehen den Index bei minus 14,8 (Oktober: minus 22,8) Punkten. Zuvor war bereits der vom Sentix erhobene Konjunkturindex deutlich gestiegen, und der Dax legte seit der vorigen ZEW-Veröffentlichung um satte 4,7% zu.
Weitere BIP-Daten kommen aus Großbritannien (Montag, 10.30 Uhr) und Japan (Donnerstag, 0.50 Uhr). Für Großbritannien wird eine deutliche Verstärkung des Wirtschaftswachstums auf 0,4 (zweites Quartal: minus 0,2)% erwartet, für Japan eine Abschwächung auf 0,2 (0,3)%.
Daneben stehen US-Inflationsdaten auf dem Kalender. Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise kommen am Mittwoch (14.30 Uhr), Erzeugerpreisdaten am Donnerstag und die Importpreise am Freitag (jeweils 14.30 Uhr).
Volkswirte erwarten einen monatlichen Verbraucherpreisanstieg von 0,2% und eine unveränderte Jahresteuerung von 2,4%. Zuletzt war Inflationsdruck nicht alleine von den Dienstleistungspreisen, sondern auch von den Güterpreisen gekommen - letzteres vor allem wegen der höheren Zölle auf chinesische Einfuhren. Dieser Faktor dürfte wegen des Waffenstillstands im Handelskonflikt im Oktober zuletzt keine Rolle mehr gespielt haben.
In den am Freitag (15.15 Uhr) anstehenden Daten zur US-Industrieproduktion dürfte der Streik beim Automobilhersteller GM deutliche Spuren hinterlassen haben. Volkswirte erwarten nach dem Minus von 0,4% im September einen weiteren Rückgang im Oktober. Für die Einzelhandelsumsätze wird ein schwacher Zuwachs erwartet, für die Umsätze ohne Kfz ein etwas stärkerer.
DJG/hab/bam