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Scholz: Soli-Gesetz ist nicht verfassungswidrig

Erscheinungsdatum Website: 25.10.2019 18:35:05
Erscheinungsdatum Publikation: 28.10.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat seine Pläne für eine nur teilweise Abschaffung des Soldaritätszuschlags im Bundestag als verfassungsgemäß verteidigt. "Auch jetzt finanzieren wir Aufgaben der deutschen Einheit, das ist mit dem Solidarpakt ja keineswegs beendet", sagte Scholz bei der Einbringung des Gesetzentwurfes in das Parlament. Es sei völlig falsch zu behaupten, es gäbe nichts mehr zu finanzieren. "Es ist deshalb korrekt, vernünftig und sinnvoll, was hier vorgeschlagen wird, und es ist auch nicht, wie der eine oder andere meint, verfassungswidrig."

Scholz betonte, man dürfe "bei der Diskussion über den Solidaritätszuschlag nicht vergessen, worum es eigentlich geht" - um eine Kraftanstrengung für gleichwertige Lebensverhältnisse. Bisher seien 275 Milliarden Euro eingenommen worden und Ausgaben von 383 Milliarden Euro finanziert worden, was eine "enorme Kraftanstrengung" sei.

Finanzierungsaufgaben bleiben

"Die Finanzierungsaufgaben, die mit der deutschen Einheit zusammenhängen, nehmen ab, sie sind nicht verschwunden", konstatierte Scholz. Für einen Teil der Aufgaben brauche man weitere Einnahmen. Später könne die Finanzierung über die Einrechnung in den Einkommensteuertarif erfolgen, betonte Scholz. Die Entlastung sei zugleich ein Konjunkturimpuls.

Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzentwurfes". Er rufe Kopfschütteln und Unwohlsein beim Koalitionspartner hervor. Dürr kritisierte, Klein- und Mittelbetriebe sollten den Soli weiter zahlen. "Sie schaden dem deutschen Mittelstand." Zudem warnte er , man werde nach einem entsprechenden Beschluss "eine Klagewelle" erleben. "Hunderttausende von Steuerzahlern werden vor die Gerichte ziehen", erwartete Dürr. Der Soli gehöre sofort abgeschafft. Auch andere Oppositionsvertreter übten Kritik. Grüne und Linke verlangten allerdings keine Streichung des Soli, sondern eine Umgestaltung des Steuertarifs.

Michelbach warnt vor Verfassungskonflikt

Aus den Reihen der eigenen Regierungskoalition sah sich Scholz allerdings mit Forderungen nach einer Änderung des Gesetzentwurfes in der weiteren Beratung konfrontiert. "Zweifellos ist der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form mit verfassungsrechtlichen Fragen verbunden", sagte der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach, der auf Bedenken von Verfassungsrechtlern und des Bundesrechnungshofes verwies. "Das sind Warnzeichen, die wir als Parlament nicht einfach übersehen dürfen und die auch der Bundesfinanzminister beachten sollte", sagte er. "Wir dürfen nicht sehenden Auges in einen Verfassungskonflikt steuern."

Zumindest müsse deshalb festgelegt werden, "wenn schon nicht wie, so doch wenigstens wann der nächste Schritt zum vollständigen Soli-Abbau erfolgen sollte", verlangte der Obmann der Unionsfraktion im Bundestags-Finanzausschuss. "Das sollten wir als Termin festlegen, dann wäre vieles geheilt." In den Beratungen müsse man sich die Zeit nehmen, "um nach verfassungsfesten und besseren Lösungen zu suchen". Dass Scholz den Vorschlag verworfen habe, einen Freibetrag statt einer Freigrenze einzuführen, nannte Michelbach einen "großen Fehler".

Freigrenzen steigen deutlich

Nach den Plänen des Finanzministers soll der Solidaritätszuschlag von derzeit 5,5 Prozent ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen. Für weitere rund 6,5 Prozent soll er zumindest in Teilen entfallen. Scholz will den weitgehenden Wegfall des Soli erreichen, indem er die Freigrenzen deutlich anhebt: Der Soli soll nur noch bei Personen erhoben werden, die bei einer Einzelveranlagung auf 16.956 Euro und bei einer Zusammenveranlagung von Partnern auf 33.912 Euro an Einkommen- oder Lohnsteuer kommen. Bisher liegt diese Grenze bei 972 beziehungsweise 1.944 Euro.

Übersteigt die tarifliche Einkommensteuer die Freigrenze, soll der Soli künftig im Zuge einer "Milderungszone" nicht sofort in voller Höhe erhoben werden. Mit der neuen Regelung würde der Soli nach Berechnungen des Finanzministeriums für Ledige erst ab einem Bruttojahreslohn von 73.874 Euro anfallen. Ein Pfad zum kompletten Abbau des Zuschlages ist nicht vorgesehen.

Mehrere Verbände haben aber bereits angekündigt, gegen das Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte es beschlossen werden, darunter der Bund der Steuerzahler und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). Auch sie monieren, dass Scholz den Soli nicht für alle abschafft.

DJG/ank/apo/28.10.2019

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