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CDU beschließt Klimakonzept mit nationalem Emissionshandel

Erscheinungsdatum Website: 16.09.2019 17:55:03
Erscheinungsdatum Publikation: 17.09.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung des Klimakabinetts der Bundesregierung hat die CDU am Montag ihr Klimaschutzkonzept beschlossen. Die Klimaziele sollen über einen nationalen Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten auch in den Sektoren Verkehr und Wärme erreicht werden. Dazu hat die Partei ihr Konzept "Klimaeffizientes Deutschland - Mit Innovationen in die Zukunft" verabschiedet. Unklar ist, wie viel die Vorschläge der Union insgesamt kosten und wie genau es gegenfinanziert werden soll. Festlegungen werden erst am Freitag bei der abschließenden Sitzung mit den Koalitionspartnern CSU und SPD erwartet.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach von einem "Beschluss für einen wirksamen Klimaschutz". "Wir wollen unseren Kindern eine wettbewerbsfähige Wirtschaft in Deutschland hinterlassen, und wir wollen eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft gestalten", so Ziemiak. Ziel sei, am Ende "einen gesellschaftlichen Konsens" zu erreichen.

Das Emissionssystem soll eine Unter- und eine Höchstgrenze enthalten, um einerseits eine ökologische Lenkungswirkung zu erreichen, andererseits aber auch "eine soziale Haltelinie", erklärte Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU). Damit sollen die Maßnahmen nicht zu teuer werden und Erhöhungen auch nur "schrittweise" eintreten. Jung betonte, dass das Konzept in einer Arbeitsgruppe von CDU und CSU "in gutem Geiste" gemeinsam erreicht worden sei. Er sprach von der "Aufforstung der Union".

Verdopplung der Ticketsteuer auf Inlandsflüge

Mit Akzenten bei der Steuerförderung will die CDU zudem Klima-Innovationen anregen. So soll es eine Abwrackprämie für Heizungen und eine Förderung der energetischen Gebäudesanierung geben, sagte Jung. Beim Flugverkehr soll die Forschung synthetischer Kraftstoffe gefördert werden. Die Luftverkehrssteuer für Inlandsflüge soll verdoppelt werden, ausgenommen Zubringerflüge. "Damit setzen wir ein sehr klares Signal, dass wir das Thema Klimaschutz sehr ernst nehmen", sagte Unionsfraktionsvize Jung.

Im Gegenzug will die Partei die Mehrwertsteuer auf Tickets der Deutschen Bahn von 19 auf 7 Prozent reduzieren. Auch sollen laut dem CDU-Konzept der öffentliche Nahverkehr verbilligt, mehr Güterverkehr auf Schienen gebracht und Strompreise gesenkt werden. Es bestehe Einigkeit, "dass wir ein Klimaschutzgesetz wollen", sagte Jung. Wenn die Bundesregierung scheitere, werde "es richtig teuer", sagte er mit Blick auf drohende Strafzahlungen der EU, sollte Deutschland seine Treibhausgasemissionen nicht reduzieren.

SPD besteht nicht mehr auf CO2-Steuer

Die SPD hatte sich in ihrem Klimaschutzkonzept gegen einen nationalen Emissionshandel ausgesprochen. Eine CO2-Steuer, wie sie Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) fordert, wird darin aber nicht mehr als Bedingung erwähnt. Größter Streitpunkt im Klimakabinett dürfte neben dem Bepreisungsmodell auch die Frage werden, wie die Emissionen im Verkehrssektor gesenkt werden sollen.

Deutschland muss seine Anstrengungen erhöhen, damit es wie geplant seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 verringern kann. Das für nächstes Jahr gesetzte 40-Prozent-Ziel wird nach aktuellem Stand verfehlt. Bis 2050 will Deutschland dann klimaneutral sein.

klares Konzept und wenig erneuerbare Energie

Die Vorschläge aus den Regierungsparteien sind unterdessen auf Kritik in der Wirtschaft, bei Umweltverbänden und in der Opposition gestoßen. Das Kölner Institut der Wirtschaft (IW) monierte, dass es bislang unklar sei, ob die Klimaziele so erreichbar sind. Die vorgeschlagene CO2-Bepreisung stelle kein klares Preissignal dar, sondern sei ein Sammelsurium an verschiedenen Preisen, die sich gegenseitig beeinflussen. "Ein klares Klimakonzept sieht anders aus", so IW. "Schon jetzt wird deutlich, dass der Plan Lücken hat und so nicht funktioniert."

Von der FDP wird kritisiert, dass ein Preiskorridor beim Emissionshandel marktwirtschaftliche Kräfte aushebeln werde. "Eine willkürlich festgelegte CO2-Steuer oder ein versteuerter Emissionshandel mit Ober- und Untergrenze wäre...ein gefährliches klimapolitisches Glücksspiel", so der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Lukas Köhler. "Zudem darf es kein dauerhaftes Nebeneinander von nationalem und internationalem Emissionshandel geben."

Grünen-Chef Robert Habeck betonte, um Deutschland wieder auf den Pfad des Pariser Klimaschutzverpflichtungen zu bringen, seien "drastische Maßnahmen" nötig. "Das, was wir bisher kennen und wovon wir wissen, genügt dem im Moment bei weitem nicht", monierte Habeck. "Und zwar weder in der Wirksamkeit, also reichen die vorgeschlagenen Maßnahmen, noch in der Geschwindigkeit noch in der Verbindlichkeit."

Kritik an den Vorschlägen kam vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). "Es ist völlig unverständlich, dass Erneuerbare Energien bei der Diskussion im Klimakabinett bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen. Damit springt der Prozess zu kurz", kritisierte BEE-Präsidentin Simone Peter. Auch kritisierte sie, dass eine CO2-Steuer der bessere Weg sei als alternative Modelle. Denn diese liefen Gefahr, als Sonderabgabe bewertet und vom Verfassungsgericht verworfen zu werden.

DJG/pso/ath/jhe

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