Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Japan: Abes Umsatzsteuererhöhung ist ein Spiel mit dem Feuer
Erscheinungsdatum Website: 05.09.2019 15:35:05
Erscheinungsdatum Publikation: 06.09.2019
Konsum- und Lohnentwicklung sind weiterhin schwach / Von Mike Bird
TOKIO (Dow Jones)--Nach einem mehrjährigen Wirtschaftsboom dürfte der japanische Arbeitsmarkt jetzt so stark sein, wie er nur sein kann. Es gibt aber ein Problem, denn die sinkende Arbeitslosigkeit hat noch kein solides Lohnwachstum bewirkt, und die Umsatzsteuer soll in nur einem Monat von 8 auf 10% steigen.
In den Juli-Daten ist das Verhältnis von neuen Stellenangeboten zu Bewerbern wieder gesunken. Es ist das erste Mal, dass die Kennzahl seit 2009, in den Tiefen der Finanzkrise, drei Monate in Folge zurückgegangen ist. Nachlassende Fortschritte beim Abbau der Arbeitslosigkeit muten logisch an, da seit Amtsantritt von Premierminiser Shinzo Abe Ende 2012 mehr als 3 Mio neue Stellen geschaffen wurden und die Quote jetzt schon beim 27-Jahrestief von 2,2% liegt.
Aber bei genauerer Betrachtung hat das Land vielleicht doch weniger geschafft als es nach außen zeigt. Das Einkommenswachstum hat sich während des Beschäftigungsbooms leicht verbessert, aber der Anstieg verblasste im Vergleich zu den historisch starken Beschäftigungszahlen. Der Konsum muss sich noch auf das Niveau von Anfang 2014 erholen, bevor die letzte Erhöhung der Umsatzsteuer erfolgte.
In der Tat hat sich der Verbrauch bis jetzt nicht von der Erhöhung um 3 Prozentpunkte von vor fünf Jahren erholt. Die Ausgaben fanden nach der Finanzkrise von 2009 schneller zurück in die Spur als nach Erhöhung der Verkaufssteuer 2014. Die Frage bleibt derweil offen, warum im derzeit engsten Arbeitsmarkt eines Industriestaats die Lohnspirale überhaupt nicht anspringt. Nur zum Teil lässt sich das mit der Rolle von Teil- sowie Zeitarbeit erklären.
Davon unabhängig ist unklar, welche Effekte die Steuererhöhung auslösen wird. Abe könnte darauf spekulieren, dass die steigenden Lebenshaltungskosten Druck auf das seit Jahren festsitzende Lohn- und Preisniveau ausüben und Arbeitgeber nicht mehr darum herumkommen, ihren Angestellten mehr zu bezahlen. Zudem kündigte die Regierung an, dass man die Steuererhöhung mit einigen expansiven fiskalischen Maßnahmen begleiten werde, um einen Schaden für die Konjunktur zu verhindern. Sollten diese nicht verfangen, könnte sich Abes riskante Wette als ein fataler Fehlgriff herausstellen.