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Umweltverbände fordern "neue industrielle Revolution"

Erscheinungsdatum Website: 16.08.2019 18:15:06
Erscheinungsdatum Publikation: 19.08.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Eine breite Allianz von zehn deutschen Umweltverbänden hat rasche Ergebnisse der Bundesregierung beim Klimaschutz und einen tiefgreifenden Umbau der deutschen Wirtschaft gefordert. Es brauche "eine neue industrielle Revolution", sagte der Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die deutsche Industrie müsse klimaneutral, hocheffizient sowie extrem rohstoffsparend werden. Es müsse endlich "Schluss sein mit Pillepalle", forderte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, mit Blick auf ein entsprechendes Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

CO2-Preis von 180 Euro bis 2030

In einem gemeinsamen Appell fordern die Verbände ein Klimaschutzgesetz, das einen klaren Zeitplan für den Kohleausstieg und die Treibhausgasreduktion vorgibt. Niebert sprach von einem "Businessplan Klimaschutz der Bundesregierung", der aufzeigt, wie das Minderungsziel von 55 Prozent bis 2030 erreicht werden könne. Zu den Unterzeichnern gehören außerdem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche Umwelthilfe, der WWF, Germanwatch, das Aktionsbündnis Campact, der Naturschutzbund, die Naturfreunde Deutschlands sowie das Umweltinstitut München.

Lanciert wurde der Appell mit Blick auf den geplanten Koalitionsgipfel am Sonntag. Dort werde auch die Klimapolitik besprochen, kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin an. Die Diskussion sei "als Schritt in Richtung des 20. September" geplant. An jenem Herbsttag kommt das Klimakabinett der Bundesregierung zusammen, um über das geplante Klimaschutzgesetz zu beraten. Allerdings seien am Sonntag noch keine Vorentscheidungen oder Beschlüsse zu erwarten, schränkte Seibert ein.

Konkret fordern die Verbände einen Mix aus Anreizen, CO2-Preis und nachprüfbaren ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Noch in dieser Legislaturperiode müsse die Bundesregierung einen CO2-Preis einführen, der "eine deutliche Lenkungswirkung entfaltet" und graduell ansteige. Bis 2030 müsse er sich an den Kosten, die das Umweltbundesamt für die Tonne Kohlendioxid errechnet hat - 180 Euro -, orientieren.

Um den Kohleausstieg einzuleiten, müssten die Braunkohlekraftwerke Niederaußem und Grevenbroich-Neurath mit 3,1 Gigawatt im Rheinischen Revier bis 2020 dauerhaft abgeschaltet werden. Bis 2022 müssten Steinkohle-Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 7,5 Gigawatt vom Netz genommen werden, bis 2030 das komplette Aus der Braunkohleverstromung erfolgen. Parallel dazu müsse das Ziel von 100 Prozent Erneuerbarer Energien festgeschrieben werden. Dazu sollten die Deckel für Wind- und Solarenergie sowie zu strenge Abstandsregelungen bei Windkraftanlagen aufgehoben werden.

Verbindliche Klimaberichte für Unternehmen

In dem Appell fordern die Verbände weiterhin, das Kreislaufwirtschaftsgesetz zu erneuern, stärker in Wasserstoff zu investieren, einen Klima-Fonds aufzulegen und ein Gesetzespaket für stärkere Effizienz einzuführen. Besonders emissionsintensive Unternehmen oder solche mit mehr als 250 Beschäftigten sollten verpflichtet werden, regelmäßig Klimaberichte vorzulegen und sich Stresstests zu unterziehen.

Zudem wollen die Verbände ein klimafreundlicheres Finanzsystem. Einerseits müssten institutionelle Investoren und Vermögensverwalter Klimaaspekte berücksichtigen. Andererseits solle der Staat Versorgungsrücklagen, Investitionen und Exportkreditgarantien - sogenannte Hermes-Bürgschaften - streng an Nachhaltigkeit ausrichten.

Die Grünen erinnerten daran, dass die Umweltverbände mit ihrem Appell nicht allein seien. "Ein breites Bündnis aus Fridays for Future, Scientists for Future, zahlreichen Wirtschaftsinitiativen, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden und uns Grünen fordert von der Bundesregierung unüberhörbar: Handelt jetzt!", erklärten die Fraktionssprecherinnen für Klima- und Energiepolitik Lisa Badum und Julia Verlinden. Entscheidend seien ein Klimaschutzgesetz "mit klaren Verantwortlichkeiten der zuständigen Ministerien, ein Kohleausstiegsgesetz noch in diesem Jahr, die Einführung eines CO2-Preises und der konsequente Ausbau der Erneuerbaren Energien", so die beiden Parlamentarierinnen.

DJG/pso/jhe/19.08.2019

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