Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Volkswirte befürchten deutschen BIP-Rückgang für 2Q

Erscheinungsdatum Website: 15.05.2019 17:55:02
Erscheinungsdatum Publikation: 16.05.2019

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FRANKFURT (Dow Jones)--Das Wirtschaftswachstum in Deutschland hat sich im ersten Quartal 2019 wie erwartet deutlich verstärkt, könnte sich aber nach Einschätzung von Analysten im laufenden zweiten Quartal schon wieder deutlich abschwächen - bis hin zu einem BIP-Rückgang. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 0,4 (viertes Quartal: 0,02) Prozent. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten 0,4 Prozent Wachstum prognostiziert.

Commerzbank und VP Bank halten BIP-Rückgang für möglich

"Das BIP dürfte im zweiten Quartal lediglich stagnieren, vielleicht sogar schrumpfen", schrieb Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einem Kommentar zu den BIP-Zahlen. Krämer verwies darauf, dass der auf Basis der Auftragseingänge berechnete Trend für die Industrieproduktion deutlich nach unten weise, was für das zweite Quartal einen Rückgang der Produktion befürchten lasse, die sich im ersten Quartal vorübergehend stabilisiert habe. Für seine BIP-Gesamtjahresprognose von 0,4 Prozent sieht Krämer jedoch "gewisse Aufwärtsrisiken".

Gestützt wurde das Wachstum im ersten Quartal von den Investitionen in Ausrüstungen und Bauten sowie vom privaten Konsum. Schwächer zeigte sich im ersten Quartal der Staatskonsum, und "gemischte Signale" kamen laut Destatis vom Außenhandel, da sowohl Ein- als auch Ausfuhren zulegten.

Die liechtensteinische VP Bank betrachtet den kräftigen BIP-Anstieg hauptsächlich als Folge der witterungsbedingt starken Bauproduktion. Den Blick auf das laufende zweite Quartal findet auch Chefvolkswirt Thomas Gitzel wenig erbaulich. "Es besteht das Risiko eines erneut rückläufigen BIP für den Zeitraum von April bis Juni", schrieb er in einem Kommentar.

Lampe: Keine Rezession in Deutschland zu erwarten

Das Bankhaus Lampe rechnet für das zweite Quartal nicht mit einer rückläufigen Wirtschaftsleistung, wohl aber mit einer deutlichen Abschwächung. "Das flotte Wachstumstempo hält nicht an", sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger. Er ist der Ansicht, dass das Wachstum im ersten Quartal von vorübergehenden Faktoren wie dem milden Winter und vorgezogenen Käufen aus Großbritannien gestützt wurde.

Insgesamt ist Krüger aber optimistisch: "Zwar werden die Handelskonflikte weiter erheblich auf die Stimmung rücken, aber ein spürbarer Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Kapazitätsauslastung und damit eine Rezession sind nicht zu erwarten", sagte er. Für das volle Jahr 2019 erwartet Krüger weiterhin 0,7 Prozent Wachstum.

Nach Aussage von ING ist Deutschland angesichts des unsicheren außenwirtschaftlichen Umfelds dringend auf private und öffentliche Investitionen sowie auf Strukturreformen angewiesen. "Die kleine Entlastung durch Außenhandel und China könnte rasch wieder verschwinden und sich in ihr Gegenteil verkehren, wenn der Handelskrieg zwischen den USA und China eskaliert", schrieb ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski in einem Kommentar. Außerdem könnten höhere Ölpreise den privaten Konsum belasten und die Unternehmensgewinne mindern.

DJG/hab/apo

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