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Präsidentschafts-Stichwahl in Litauen zwischen Nauseda und Simonyte

Erscheinungsdatum Website: 13.05.2019 14:25:03
Erscheinungsdatum Publikation: 14.05.2019

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VILNIUS (AFP)--Der Wirtschaftsexperte und Politik-Neuling Gitanas Nauseda hat bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Litauen die meisten Stimmen erhalten. Er tritt damit bei der Stichwahl am 26. Mai gegen die konservative ehemalige Finanzministerin Ingrida Simonyte an. Ministerpräsident Saulius Skvernelis verpasste den Einzug in die nächste Runde und kündigte seinen Rücktritt an. Nach der Auszählung von 99,27% der Stimmen kam Nauseda auf 31,07% und lag damit vor Simonyte, die auf 28,73% der Stimmen kam. Ministerpräsident Skvernelis erreichte dem vorläufigen Ergebnis zufolge nur 21,24%. Er räumte seine Niederlage ein und teilte mit, dass er im Juli zurücktreten werde.

"Dass es mir nicht gelungen ist, in die zweite Runde einzuziehen, ist eine Bewertung von mir als Politiker", sagte Skvernelis dem Sender "LRT". Insgesamt hatte es neun Kandidaten bei der ersten Wahlrunde gegeben. Die amtierende Präsidentin Dalia Grybauskaite durfte nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal antreten. Nauseda bedankte sich nach dem Wahlerfolg bei seinen Unterstützern. Sie hätten sich "die Botschaft zu Herzen genommen", dass ein Wohlfahrtsstaat und mehr "politischer Friede" in Litauen erwünscht seien. Schon nach der Stimmabgabe hatte der Politik-Neuling gesagt, er fühle die "schwere Verantwortung", die Polarisierung des Landes zu reduzieren.

Die zweitplatzierte Simonyte, einst Litauens Finanzministerin, ist bekannt für ihren scharfzüngigen Humor und ihre Unterstützung für die Gleichberechtigung von Homosexuellen - im Wahlkampf war sie daher bei jungen, liberalen Stadtbewohnern besonders gut angekommen. Gleichzeitig hatte sie angekündigt, gegen eine Spaltung des Landes in Stadt- und Landbevölkerung zu kämpfen: "Wir können Vilnius nicht vom Rest des Landes isolieren", sagte Simonyte unlängst bei einem Wahlkampfauftritt. Einer Umfrage aus dem April zufolge dürfte Nauseda bei der Stichwahl bessere Chancen haben als Simonyte: Die Befragung hatte ergeben, dass er über das gesamte politische Spektrum hinweg mehr Unterstützung hatte als seine Mitbewerberin. Der Politik-Experte Ramunas Vilpisauskas von der Universität Vilnius sagte der Nachrichtenagentur AFP, Nauseda habe bessere Chancen, Wähler von sich zu überzeugen, die in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl noch für jemand anderen gestimmt hätten. Das gelte vor allem auf der linken Seite des politischen Spektrums. Vilpisauskas sagte weiter, er gehe davon aus, dass sowohl Nauseda als auch Simonyte nach einem möglichen Wahlsieg auf außenpolitische Kontinuität setzen würden.

Möglicherweise gebe es mit Nauseda "einige taktische Veränderungen in Sachen Kommunikation mit den Nachbarn", die "strategische Linie" werde aber wohl dieselbe bleiben, sagte der Experte. Der Präsident hat in Litauen zwar keinen Einfluss auf das politische Tagesgeschäft. Er ist aber zuständig für die Außenpolitik und vertritt das Land bei EU-Gipfeln. Zudem ernennt er Minister, Richter und die Chefs der Streitkräfte und der Zentralbank. Dabei muss er sich allerdings meist mit dem Ministerpräsidenten oder dem Parlament abstimmen. Während des Wahlkampfes hatten sich alle Kandidaten als überzeugte Pro-Europäer und Unterstützer der Nato präsentiert. Die Mitgliedschaft im Militärbündnis gilt vielen Litauern als Absicherung gegen den übermächtigen Nachbarn Russland.

ost/14.5.2019

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