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Bundesregierung hält trotz Webers Drohung an Nord Stream 2 fest

Erscheinungsdatum Website: 26.04.2019 00:25:02
Erscheinungsdatum Publikation: 29.04.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hält trotz der Forderung von EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber nach einem Stopp von Nord Stream 2 am deutsch-russischen Gaspipelineprojekt fest. "Die Position der Bundesregierung zu Nord Stream 2 hat sich nicht geändert", stellte Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch klar.

Zuvor hatte CSU-Politiker Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei für die Europawahl Ende Mai ist, in einem polnischen Zeitungsinterview versprochen, sich im Falle seiner Wahl zum Kommissionspräsidenten der Europäischen Union für den Stopp des Projekts einzusetzen. "Als Chef der EU-Kommission werde ich alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren", hatte er in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Zeitung Polska Times gesagt. Das Projekt sei nicht im Interesse der EU. Sprecher der Bundesregierung wollten sich nicht zu rechtlichen Möglichkeiten äußern, mit denen das Projekt noch gestoppt werden könne.

Demmer betonte, der jüngst erreichte Kompromiss zur europäischen Gasrichtline sei ein Beleg dafür, dass die EU bei kontrovers diskutierten Themen eine Einigung erzielen könne. "Daran hat auch bestimmt die neue EU-Kommission ein Interesse", so Demmer.

Im Februar hatten sich die EU-Länder auf einen Kompromiss zu dem umstrittenen Projekt geeinigt. Danach wird die Zuständigkeit für Pipelines mit Drittstaaten wie Russland bei dem EU-Land liegen, in dem die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft. Im Falle Nord Stream 2 wäre das Deutschland.

Das Bundeswirtschaftsministerium betonte zudem, dass angesichts von Deutschlands Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022 und der Kohleverstromung bis spätestens 2038 der Energieträger Gas wichtiger werde.

"Wir halten es für wichtig, dass der Gasbedarf der Europäischen Union und auch Deutschlands weiterhin gedeckt ist. Und der wird in den kommenden Jahren steigen", sagte Sprecherin Annika Einhorn. "Deshalb ist es von Interesse für Deutschland, wie für Europa auch, dass wir den höheren Gasbedarf decken, über verschiedene Wege."

Aus diesem Grunde unterstütze Deutschland nicht nur Nord Stream 2, sondern ermögliche auch die Lieferung von Flüssiggas (LNG), so die Sprecherin. Deutschland hält trotz harscher Kritik aus Brüssel und besonders aus Polen und den baltischen EU-Mitgliedsstaaten an Nord Stream 2 fest. Das umstrittene Projekt soll Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschland bringen. Damit drohen Transitländern wichtige Transitgebühren zu entgehen. Kritiker der Pipeline fürchten eine höhere Abhängigkeit von russischem Gas.

Von der 1.200 Kilometer langen Ostsee-Leitung ist bereits etwa ein Viertel gebaut. Schon Ende dieses Jahres beziehungsweise Anfang 2020 soll Gas durch sie gepumpt werden. An der Finanzierung von Nord Stream 2 ist auch der Düsseldorfer Energieversorger Uniper und die BASF-Tochter Wintershall beteiligt. Die Gesamtkosten sind mit 10 Milliarden Euro veranschlagt.

DJG/aat/hab/29.04.2019

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