Euro Intern

"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.

Merkel will freien Handel und neue europäische Industriepolitik

Erscheinungsdatum Website: 28.02.2019 21:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 04.03.2019

zurück zur Übersicht

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine Stärkung des freien Handels und eine neue europäische Industriestrategie ausgesprochen. Die Welthandelsorganisation WTO bedürfe Reformen, und trotz jüngster Rückschläge für den multilateralen Ansatz dürfe man nicht aufgeben. Idealerweise würde eine gestärkte WTO den Welthandel stärken, so Merkel.

"Wir brauchen aus deutscher Sicht nicht höhere oder neue Zölle, sondern wir brauchen multilaterale Lösungen und im Zweifelsfall Abbau von Handelshemmnissen", sagte Merkel bei einer Feierstunde zur Einführung des neuen Präsidenten des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA).

Asien werde eine "herausragende Rolle" im 21. Jahrhundert spielen, und für Deutschland sei Innovation wichtig, um weiterhin mithalten zu können. Europa brauche daher auch eine neue Industriestrategie, um den Herausforderungen der neuen Zeit begegnen zu können. Darüber wolle sie auch am Mittwoch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei ihrem Besuch in Paris sprechen.

"Wir kommen mit dem, was wir vor 10, 20 Jahren erarbeitet haben, nicht mehr hin", so Merkel. Politik und Wirtschaft müssten hier sehr eng zusammenarbeiten. Der neue APA-Vorsitzende Joe Kaeser, der zugleich Chef des Siemens Konzern ist, mahnte in seiner Rede Deutschland und Europa, dass sie Antworten auf die nationalen Strategien vieler asiatischen Länder finden müssten. Nur so könne man beispielsweise bei der chinesischen Initiative "Neue Seidenstraße" oder der indischen Initiative "Made in India" mithalten. Diese Antworten müssten gut sein und multilateral, sagte Kaeser.

Deutschland müsse drei Dinge tun, damit es mit Asien mithalten könne, denn dort spiele heute die Musik. Zwischen 1993 und 2017 habe sich der Export aus Deutschland nach Asien von 40 Milliarden Euro auf 221 Milliarden Euro erhöht, so Kaeser.

Daher müssten deutsche Unternehmen vor Ort ihre Präsenz ausbauen. "Wer dort Aufträge und Kunden gewinnen möchte, der muss bereit sein, dort zu investieren", so Kaeser. Zweitens müsse Deutschland mehr Geld in Forschung und Entwicklung stecken, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und als Partner für Asien relevant zu bleiben. "Die Innovation ist die Hauptschlagader der deutschen Wirtschaft", sagte Kaeser.

Als dritten Arbeitsauftrag nannte der neue APA-Vorsitzende, dass sich Deutschland "viel stärker" für freien Handel, offene Märkte, freien Wettbewerb und den wirkungsvollen Schutz geistigen Eigentums einsetzen müsse. Wichtig sei es, die Wertschöpfungskette zu kontrollieren. Auch nehme der Dialog mit China eine Schlüsselrolle ein.

"Wir müssen mit einer Stimme sprechen", mahnte Kaeser. Der scheidende APA-Vorsitzende Hubert Lienhard stellte in seiner Rede klar, dass sich die wichtige Wachstumsregion Asien nicht so entwickelt habe, wie sich die deutsche Wirtschaft gewünscht hatte.

"Die Marktöffnung in einigen Ländern der Region geht nicht in dem Tempo voran, in dem es sich deutsche Unternehmen gewünscht hätten. Dieser Glaube, dass sich die freie Marktwirtschaft nach dem Muster der Evolution - 'survival of the fittest' - oder nach dem alten Spruch 'Wandel durch Handel' weltweit durchsetzen würde, war ein Trugschluss", sagte Lienhard. "Länder wie China folgen auf absehbare Zeit anderen Systemen. Darauf muss sich Deutschland, darauf muss sich Europa einstellen."

Allerdings stellte er klar, dass Systemwettbewerb für ihn nicht Konfrontation bedeute, sondern auch Kooperation und einen engen, freundschaftlichen Austausch beinhalte.

DJG/aat/cln/04.03.2019

zurück zur Übersicht