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EZB beendet Bilanzaufbau und stellt lange Plateauphase in Aussicht

Erscheinungsdatum Website: 13.12.2018 23:55:44
Erscheinungsdatum Publikation: 17.12.2018

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FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beendet wie erwartet im neuen Jahr die planmäßige Bilanzvergrößerung via Anleiheankauf und stellt eine längere Plateauphase in Aussicht: Auch lange nach dem Beginn von Zinserhöhungen sollen die Erträge fällig gewordener Anleihen vollständig reinvestiert werden. Als frühestens Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung sieht der Rat weiterhin den Herbst des kommenden Jahres an, bei der aktuellen Sitzung ließ er sie wie erwartet unverändert.

Allerdings äußerte sich EZB-Präsident Mario Draghi noch vorsichtiger als bisher zu den Wachstumsaussichten des Euroraums, so dass sich niemand wundern sollte, wenn der erste Zinsschritt erst 2020 stattfände. Technische Details der Wiederanlage dürften den Bundesfinanzminister freuen. Draghi erklärte Anleihekäufe zur "quantitativen Lockerung" (QE) zum nunmehr festen Bestandteil des EZB-Werkzeugkasten und versicherte, falls notwendig habe die EZB genug Instrumente, um einzugreifen.

EZB-Stab senkt Wachstumsprognosen leicht

Draghi sagte: "Die hereinkommenden Informationen waren wegen einer weniger guten Außennachfrage und länder- sowie sektorspezifischer Faktoren schwächer als erwartet, aber die grundlegende Stärke der Binnennachfrage stützt die Expansion des Euroraums und den langsamen Anstieg des Inflationsdrucks." Das wiederum stütze die Zuversicht, dass sich die Inflation auch nach dem Ende des Nettokaufs von Anleihen ihrem Ziel annähern werde.

Der volkswirtschaftliche Stab der EZB senkte seine Prognosen für das Wirtschaftswachstum im Euroraum leicht und ließ seine Beurteilung der Wachstumsrisiken unverändert. Laut Draghi rechnet der EZB-Stab nun für 2018 und 2019 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,9 (bisher: 2,0) Prozent und 1,7 (1,8) Prozent. Die Prognose für 2020 blieb unverändert bei 1,7 Prozent, für 2021 wird ein Zuwachs von 1,5 Prozent erwartet.

Risiken bewegen sich Richtung Unterseite

Die Risiken für diesen Wachstumsausblick sind laut Draghi "noch ausgewogen". Allerdings, so fügte er hinzu, bewegten sich die Risiken langsam in Richtung der Unterseite, was an den anhaltenden Unsicherheiten durch geopolitische Risiken, protektionistische Bedrohungen, Anfälligkeiten der Schwellenländer und die Volatilität der Finanzmärkte liege.

Zugleich erwartet der volkswirtschaftliche Stab für 2018 eine Inflationsrate von 1,8 (1,7) Prozent. Die Prognosen für 2019 und 2020 wurden mit 1,6 (1,7) und 1,7 (1,7) Prozent angegeben. Für 2021 erwartet die EZB 1,8 Prozent Inflation.

Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, äußerte sich skeptisch zu den Projektionen. "Die Wachstumsprognosen sind weiterhin viel zu optimistisch", sagte er. Krüger rechnet damit, dass der Stab die Prognosen im März 2019 weiter senken muss.

Lampe: Volle Wiederanlage wenigstens für drei Jahre

Die Aussagen der EZB zur Dauer der Wiederanlage kommentierte Krüger so: "Die EZB wird die Erträge aus fällig gewordenen Anleihen auch nach der zweiten Zinserhöhung noch in voller Höhe wieder anlegen." Da er mit Zinserhöhungen im Neunmonatsabstand rechne, sei mit einer Bilanzverkleinerung frühestens 2022 zu rechnen. Es könne aber auch sein, dass die EZB "den Stöpsel erst 2023 aus der Badewanne" ziehe.

Gestalten will die EZB die Wiederanlage so, dass sie dazu führt, dass das gesamte PSPP-Portfolio besser mit dem Anteil des jeweiligen Landes am EZB-Kapital in Übereinstimmung gebracht wird. Die Anpassungen sollten langsam erfolgen und eine ordnungsgemäße Marktfunktion nicht behindern. "Das ist keine gute Nachricht für Italien", schrieb Nordea-Volkswirt Jan Von Gerich in einem Kommentar.

EZB-Kapitalschlüssel führt zu mehr Käufen von Bundesanleihen

Grund: Italiens Anteil am EZB-Kapital sinkt ab 2019, weil sein wirtschaftliches Gewicht im Euroraum abgenommen hat. Deshalb wird die Banca d'Italia nicht alle Erträge fälliger Anleihen wieder anlegen können. Das steigert für sich genommen die Renditen und die Finanzierungskosten des Staats. Gleiches gilt zum Beispiel für Spanien. Gewicht gewonnen hat dagegen Deutschland, entsprechend muss der Anteil der Bundesanleihen am gesamten Staatsanleiheportfolio zunehmen.

Hilfe in Gestalt neuer langfristiger Finanzierungsgeschäfte der EZB ist vorerst nicht in Sicht. Nach Draghis Aussagen haben zwar einige Ratsmitglieder neue LTRO angesprochen, doch muss das Thema noch weiter diskutiert werden. Er sagte aber auch, dass die EZB so viel Liquidität vorhalten werde, wie zum Erreichen ihrer Ziele notwendig sei.

Der EZB-Präsident machte deutlich, dass Anleihekäufe von nun an fest zum Instrumentarium der EZB gehören. Draghi verwies darauf, dass QE eine Zeit lang der einzige Faktor gewesen sei, der die Nachfrage gestützt habe. Außerdem habe QE die Asset-Risiken des Bankensektors verringert. Schließlich, so Draghi, sei vor diesem Hintergrund sehr wichtig, dass der Europäische Gerichtshof QE als rechtmäßig erklärt habe.

DJG/hab/bam/17.12.2018

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