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EU-Parlament prangert umstrittenen Umbau der Justiz in Rumänien an

Erscheinungsdatum Website: 14.11.2018 14:05:02
Erscheinungsdatum Publikation: 15.11.2018

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STRASSBURG (AFP)--Das Europaparlament hat sich "zutiefst besorgt" über die Strafrechtsreform der rumänischen Regierung geäußert. Die neuen Vorschriften seien geeignet, die Unabhängigkeit der Justiz und damit die Rechtsstaatlichkeit zu schwächen, warnte das Parlament in einer Entschließung. Zugleich werde die Fähigkeit "zur wirksamen Korruptionsbekämpfung" eingeschränkt. Die Regierung in Bukarest müsse sämtlichen Maßnahmen entgegentreten, durch die Korruption entkrimininalisiert werden könnte, heißt es in dem mit großer Mehrheit angenommenen Text weiter.

Besorgt äußerte sich das Straßburger Parlament auch über die neuen Rechtsvorschriften, welche die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen einschränken. Dies könne zu einer "Einschüchterung der Zivilgesellschaft" führen. Zudem kritisierte das Europaparlament Pläne, die "Verunglimpfung Rumäniens im Ausland" unter Strafe zu stellen und den Straftatbestand "Verleumdung" erneut ins Strafgesetz aufzunehmen. Diese Maßnahmen zielten auf eine "politische Einschränkung der Medienfreiheit" ab.

Die EU-Volksvertretung verwies auch auf die in Rumänien laufende Debatte über eine mutmaßliche Einmischung des rumänischen Nachrichtendienstes in die Tätigkeit der Justiz. Angesichts solcher Vorgänge müsse die parlamentarische Kontrolle über den Nachrichtendienst verstärkt werden.

Mit dem Votum sende das Parlament ein klares Signal an die Regierung in Bukarest, betonte die deutsche Grüne Ska Keller: Angriffe auf den Rechtsstaat und eine de-facto-Legalisierung der Korruption seien nicht hinnehmbar. Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel forderte Bukarest auf, im Vorfeld des rumänischen EU-Vorsitzes unter Beweis zu stellen, "dass europäische Werte die Basis ihrer Politik bilden."

Rumänien soll am 1. Januar turnusgemäß für sechs Monate den Vorsitz der EU übernehmen. Unterdessen hat der rumänische Staatschef Klaus Iohannis aber Zweifel geäußert, ob die sozialdemokratische Regierung dazu in der Lage ist. "Meiner Meinung nach sind wir nicht darauf vorbereitet", sagte der Staatschef, der aus dem Lager der Liberalen kommt und als Kritiker der Regierung gilt. Er reagierte damit auf den Rücktritt des rumänischen Europaministers Victor Negrescu.

Im Oktober hatten auch Verfassungsexperten des Europarats massive Kritik an der Justizreform in Rumänien geäußert. Viele der geplanten Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung würden die "Effizienz" des Justizwesens im Kampf gegen Korruption, Gewaltverbrechen und organisierte Kriminalität "ernsthaft schwächen", warnte die so genannte Venedig-Kommission, der angesehene Verfassungsrechtler aus 60 Ländern angehören.

Die Versuche der regierenden Sozialdemokraten, die Gesetze zur Korruptionsbekämpfung zu lockern, hatten im Sommer zu Großdemonstrationen von Regierungsgegnern geführt.

ost/15.11.2018

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