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Harte Zeiten für die chinesischen Megakonzerne

Erscheinungsdatum Website: 19.09.2018 10:10:02
Erscheinungsdatum Publikation: 20.09.2018

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Regulierungsbehörden bremsen Wachstum der Fintech-Unternehmen

HONGKONG (Dow Jones)--Die harte Wirklichkeit hat die Technologieriesen Chinas eingeholt und wirft die profitabelsten Investitionen in den globalen Märkten über den Haufen. Baidu, Alibaba und Tencent - Chinas größte Technologieunternehmen - schienen lange unaufhaltsam, sie dominierten die Onlinesuche, den E-Commerce und das Geschäft mit Videospielen in dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. Aber in diesem Jahr sieht es so aus, als wären die drei Konzerne - die gemeinsam BATs genannt werden - nicht mehr unangreifbar. Und ihre Aktien sind es auch nicht.

Das ist wichtig für jene Investoren, die sich an den Gewinnen ergötzt haben, die denen ihrer amerikanischen Pendants, den FAANGs, entsprachen. In diesem Jahr sind allerdings die Aktienkursen von Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Googles-Mutterkonzern Alphabet um 28% gestiegen. Die BATs, zu deren größten Aktionären Vanguard und Blackrock gehören, sind dagegen um 12% gesunken.

Beijing erhöht Druck auf das Gaminggeschäft

Das erste große Problem ist Beijing. Die schiere Größe und die allgegenwärtige Präsenz der Technologieriesen im täglichen Leben in China bedeuten, dass sie zunehmend im Blick einer Regierung stehen, die die Kontrolle über die Wirtschaft einfordert. Für den Internetkonzern Tencent, der über 90% seiner Umsätze auf dem Heimatmarkt macht, ist mehr staatliche Kontrolle zur Realität geworden. So hat Beijing die Genehmigung für neue Games und den Verkauf von virtuellen Gegenständen im Spiel, wie etwa Waffen, aufgeschoben. Tencent erwirtschaftet etwa die Hälfte des Jahresumsatzes mit den Onlinespielen.

Und dass derzeit die Freigabe neuer Spiele durch die Behörden stockt, hat Tencent im zweiten Quartal den ersten Gewinnrückgang seit über einem Jahrzehnt beschert. Und es sieht nicht so aus, als wäre das nur ein kleiner Schluckauf: Die Behörden erklärten in der vergangenen Woche, man werde den Vertrieb neuer Spiele auch weiterhin eingrenzen. Die Spielzeit der Jugend soll so einschränkt werden. Zudem werden die Spieleanbieter auch von den Staatsmedien unter Druck gesetzt. Die Gamingkonzerne würden soziale Probleme schaffen, so die Medien. Auch der an der Nasdaq notierte Technologie-Riese Baidu wurde wegen der Bereitstellung von Inhalten, die die "soziale Ordnung" Chinas bedrohen, gerügt.

Die Regulierungsbehörden versuchen zudem, das Wachstum der Fintech-Unternehmen - wie Alibaba's Tochtergesellschaft Ant Financial und Tencent's Wechat Pay - zu bremsen. Durch ihre Dominanz im Bereich der Onlinezahlungen werden Einlagen von den staatlichen Banken "abgesaugt". Diese werden dann in Finanzprodukte investiert, die auf den Plattformen der Fintechs angeboten werden.

Die zweite große Sorge für die BATs ist der wachsende Wettbewerb im Inland. Der Aufstieg neuer Konkurrenten im äußerst wichtigen Kampf um die Aufmerksamkeit der chinesischen Nutzer dürfte zwar nicht zu einem Einbruch von Umsatz oder Marktanteil führen. Aber der Trend hat die Wahrnehmung der Megakonzerne als De-facto-Monopole geschwächt. Zum Beispiel hofft der Konzern Bytedance, der eine Nachrichtenwebsite und eine App für Kurzvideos betreibt, auf 3 Mrd US-Dollar von Privatinvestoren. Steht die Finanzierung, dann wäre Bytedance 75 Mrd wert. Seine Apps haben in China bei den mobilen Nutzern einen Marktanteil von 10% und gewinnen auf Kosten der Tencent-Apps. Der Anteil dieser ist im vergangenen Jahr auf 48 von vorher 54% gesunken, das geht aus Daten des Analyseunternehmens Questmobile hervor.

Die Abwehr der Konkurrenz ist zudem teuer. Alibaba, lange unangefochten an der Spitze des chinesischen E-Commerce, muss sich nun dem Wettbewerb von Firmen wie Pinduoduo stellen. Das Unternehmen wächst rasant, das Geschäftsmodell fußt darauf, dass Kunden, die das gleiche Produkt kaufen wollen, sich über Social Media zusammentun und höhere Rabatte erzielen.

Internationale Expansion als Chance

Alibaba hat daraufhin Milliarden in etwa stationäre Geschäfte oder Onlinelieferdienste investiert, um das sich verlangsamende Kerngeschäft zu unterstützen. Aber diese Ausgaben haben noch nicht viel eingebracht. Die Frage ist nun: Können die BATs die Wettbewerber wieder zurückdrängen? Eine andere Möglichkeit ist die Expansion ins Ausland. Tencent setzt auch außerhalb Chinas seine langjährige Strategie fort, kleinere Rivalen aufzukaufen. Derzeit sind die Chinesen gerade eine Allianz mit der japanischen Square Enix eingegangen, dem Hersteller von Spielehits wie "Tomb Raider". Alibaba hat sich mit der Übernahme des lokalen Konkurrenten Lazada auf den E-Commerce in Südostasien konzentriert.

Dennoch erwirtschaftete Tencent im vergangenen Jahr nur 3% des Umsatzes außerhalb Chinas. Alibaba's internationaler E-Commerce trug im vergangenen Quartal nur 8% zum Gesamtumsatz bei. Die bessere Option scheint es zu sein, den Kunden aus dem Heimatmarkt mehr Geld abzupressen. So könnte Tencent mehr aus seinem sozialen Netzwerk Wechat mit den mehr als 1 Mrd monatlich aktiven Nutzern herausholen. Im letzten Quartal verdiente das Unternehmen nur 2 Dollar pro Nutzer durch Werbung - und das ist deutlich weniger als etwa Facebook. Der US-Konzern kommt auf einen Wert von 25 Dollar in Nordamerika.

Selbst wenn man den Unterschied der Geldvermögen von Chinesen und US-Amerikanern berücksichtigt, dann bleibt für Tencent noch viel Luft nach oben. Der diesjährige Ausverkauf hat Alibaba und Tencent nur wieder auf das Bewertungsniveau gebracht, der knapp das 30-fache der erwarteten Ergebnisse entspricht. Dies ist auch der Dreijahresdurchschnitt. Die Bewertung von Baidu liegt beim 20-fachen des erwarteten Ergebnisses. Aber dennoch ist das geschätzte Wachstum - sofern Beijing nicht einen Schritt zurücktritt und die neuen Wettbewerber straucheln - deutlich langsamer. Die besten Tage der BATs können hinter ihnen liegen. Dow Jones

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