Euro Intern

"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.

Draghi warnt vor gestiegenen externen Risiken

Erscheinungsdatum Website: 13.09.2018 22:15:45
Erscheinungsdatum Publikation: 17.09.2018

zurück zur Übersicht

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist nach den Worten von EZB-Präsident Mario Draghi weiterhin zuversichtlich, dass die Inflation im Euroraum auf dem Weg in Richtung des Zielwerts von knapp 2 Prozent ist. Draghi sagte in der Pressekonferenz zur Erläuterung der jüngsten geldpolitischen Beschlüsse, die neuen Inflationsprognosen des volkswirtschaftlichen Stabs der EZB beruhten auf deutlich höheren Annahmen zur Kerninflation. Zugleich verwies Draghi darauf, dass die außenwirtschaftlichen Risiken für den Wachstumsausblick erneut zugenommen hätten.

"Die hereinkommenden Informationen, darunter unsere neuen Stabsprojektionen, bestätigen unsere frühere Einschätzung, dass sich die Wirtschaft des Euroraums in einer breiten Erholung befindet und die Inflation langsam steigt", sagte der EZB-Präsident.

EZB-Stab senkt Wachstumsprojektionen leicht

Der EZB-Stab senkte seine Wachstumsprognose für das laufende und das nächste Jahr leicht, ließ die Inflationsprognosen aber unverändert. So rechnet der EZB-Stab für 2018, 2019 und 2020 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,0 (bisher: 2,1), 1,8 (1,9) und 1,7 (1,7) Prozent. Die Risiken für diesen Ausblick seien "noch weitgehend ausgewogen", sagte Draghi. Zu diesem zählte er wie zuletzt den zunehmenden Protektionismus und das "potenzielle Risiko" einer erhöhten Finanzmarktvolatilität.

Neu war die Erwähnung der Schwellenländer als Wachstumsrisiko. Draghi sagte, er denke bei diesem Risiko nicht alleine an Länder wie Argentinien oder die Türkei, sondern auch an China, wo es Änderungen "anderer Natur" gebe. Die Übertragungseffekte aus den erstgenannten Ländern seien bisher aber überschaubar.

Kerninflation dürfte in kommenden Jahren deutlich steigen

Zudem stellt sich die EZB für die nächsten drei Jahre auf konstanten Inflationsdruck ein. Ihr volkswirtschaftlicher Stab bestätigte für 2018, 2019 und 2020 die Inflationsprognosen von je 1,7 Prozent. Laut Draghi steckt hinter diesen unveränderten Prognosen die Erwartung etwas niedrigerer Ölpreise, zugleich aber einer deutlich höheren Kerninflation. Der Stab rechnet für 2018 bis 2020 mit Kerninflationsraten von 1,1 (1,1), 1,5 (1,5) und 1,8 (1,9) Prozent. Eine "substanzielle geldpolitische Akkommodation" hält der EZB-Rat trotzdem weiterhin für angezeigt.

Zuvor hatte der Rat beschlossen, das Monatsvolumen seiner Nettoanleihekäufe ab Oktober auf 15 (derzeit: 30) Milliarden Euro zu reduzieren. Außerdem hatte er eine völlige Einstellung der Nettokäufe zum Jahresende in Aussicht gestellt. Voraussetzung ist, dass die verfügbaren Daten die mittelfristigen Inflationserwartungen des Rats bestätigen.

Draghi: EZB ist für Preisstabilität zuständig, nicht für Staatsfinanzen

Draghi machte auf Anfragen italienischer Journalisten deutlich, dass sich die EZB beim Ausstieg aus ihren Nettoankäufen nicht von den Sorgen der italienischen Regierung über höhere Finanzierungskosten beeinflussen lasse. Draghi sagte, das Mandat der EZB bestehe nicht darin, "die Finanzierbarkeit von Staatsdefiziten unter allen Umständen zu gewährleisten", sondern darin, für Preisstabilität zu sorgen. Zudem sei der Anstieg der Renditeabstände ziemlich auf Italien beschränkt. "Bisher gibt es keinerlei Anzeichen für Übertragungseffekte der höheren italienischen Spreads", sagte Draghi

Die Tilgungsbeträge der erworbenen Wertpapiere sollen laut Draghi für längere Zeit - und in jedem Fall so lange wie erforderlich - bei Fälligkeit wieder angelegt werden. Draghi sagte auf Anfrage, der Rat habe über die Modalitäten der Reinvestitionen nicht beraten. Es sei nur klar, dass der EZB-Kapitalschlüssel auch die Richtgröße der Reinvestitionen sein werde. Alles andre müssten nun die zuständigen Ausschüsse technisch sauber ausarbeiten.

Ihre Leitzinsen ließ die EZB unverändert. Der EZB-Rat erwartet, dass die Leitzinsen mindestens über den Sommer 2019 auf dem aktuellen Niveau bleiben werden, auf jeden Fall aber so lange wie erforderlich.

DJG/hab/flf/17.09.2018

zurück zur Übersicht