Märkte der Welt

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Warum US-Erdöl kein Ziel für Gegenzölle ist

Erscheinungsdatum Website: 15.08.2018 11:15:03
Erscheinungsdatum Publikation: 16.08.2018

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BEIJING (Dow Jones)--Als China seine Drohung wahrmachte, Zölle in Höhe von 25% auf US-Importe im Wert von 16 Mrd Dollar zu erheben, fehlte ein wichtiger Punkt auf der Liste: Rohöl. Dabei war das schwarze Gold eines der Ziele, die die Volksrepublik im Juni für Gegenzölle im Handelsstreit mit den USA festgelegt hatte. Der Disput gefährdet allerdings eine aufkeimende Beziehung. In den vergangenen zwei Jahren hat sich China zum größten Abnehmer von US-Rohölexporten entwickelt. Im vergangenen Jahr ging ein Fünftel der Gesamtmenge ins Reich der Mitte.

Doch inzwischen ist das Öl von der Liste verschwunden. Das chinesische Handelsministerium hat die Unterlassung nicht erklärt und nicht sofort auf Fragen geantwortet. Die Erklärung, die der Liste beiliegt, nannte die US-Maßnahmen "unvernünftig" und führte aus, China müsse ihnen entgegenwirken, "um seine legitimen Rechte und Interessen und das multilaterale Handelssystem zu schützen". Die US-Zölle und die Gegenmaßnahmen treten am 23. August in Kraft.

Analysten und Branchenkenner sagten, die Änderung könnte signalisieren, dass die Volksrepublik seine Einschätzung überdacht hat, angesichts einer sich abschwächenden Wirtschaft und der Leichtigkeit, mit der neue Käufer für das US-Öl gefunden werden können - und vor allem wegen der steigenden Abhängigkeit des Landes von Importen. China ist zur Deckung seines Energiebedarfs zu 70% auf Einfuhren angewiesen, und die Internationale Energieagentur prognostiziert bis 2040 einen Anstieg auf 80%.

"China würde sich in den Fuß schießen, wenn es Importe von Rohöl besteuern würde", sagte Shane Oliver, Analyst bei AMP Capital Markets. "Chinas Wirtschaft ist stark vom Öl abhängig." Obwohl das Volumen, das die Volskrepublik von den Vereinigten Staaten kauft, in den vergangenen zwei Jahren um das 200-Fache gestiegen ist, macht das amerikanische Rohöl immer noch nur 3% der chinesischen Importe aus. Chinas größte Lieferanten sind Russland und Saudi-Arabien.

Das schwefelarme Leichtöl, das zu einem Hauptprodukt der USA geworden ist, wurde in den vergangenen zwei Jahren mit einem Preisnachlass gegenüber mittleren sauren Qualitäten verkauft, die Beijings traditionelle Lieferanten in der Regel produzieren. Mittlere Qualitäten erfordern mehr Veredelung und sind umweltbelastender.

In den vergangenen Jahren haben Raffinerien in Asien, einschließlich der Volksrepublik, begonnen, ihre Anlagen umzurüsten, um das Erdöl aus den Vereinigten Staaten verarbeiten zu können. Wenn China das US-Rohöl von seinen Märkten verbannt, könnten andere asiatische Abnehmer leicht eingreifen.

"Die leichten Ölsorten der USA werden nicht verschwinden", sagte Erik Norland, Ökonom bei der CME Group. "Wenn es nicht nach China exportiert wird, dann wird es anderswohin exportiert, und das könnten andere Länder in dieser Region oder auch andere Teile der Welt sein."

Eine weitere Erklärung, die von Führungskräften aus der Industrie vorgebracht wird, ist, dass Die Volksrepublik die Grundlagen für den weiteren Import von iranischem Rohöl legt, selbst nachdem die US-Sanktionen gegen den Iran im November in Kraft treten.

"Das Verhängen eines Zolls auf US-Rohöl würde die Chance verringern, dass die USA ihnen eine Sonderfreigabe für den Kauf von iranischem Rohöl erteilen", erklärte Dan Eberhart, Geschäftsführer von Canary LLC, einem Bohrunternehmen in Colorado. "Es riskiert, die USA noch weiter zu verärgern."

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