Nachrichten für Außenhandel (NfA)

Teaserbild 'Nachrichten für Außenhandel (NfA)'

"Nachrichten für Außenhandel (NfA)" – die einzige deutschsprachige Tageszeitung für die gesamte Außenwirtschaft bietet einen schnellen und strukturierten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen auf den internationalen Wachstumsmärkten.

Die NfA liefert hochwertige und praxisrelevante Hintergrundinformationen, ausführliche Analysen und Bewertungen -  deutlich umfassender als in der Wirtschaftstagespresse. Im Fokus stehen die deutschen Exportbranchen mit Schwerpunkt auf Investitionsgütern

Türkei: Zahlungsrisiken erhöhen sich weiter

Erscheinungsdatum Website: 19.07.2018 15:15:02
Erscheinungsdatum Publikation: 20.07.2018

zurück zur Übersicht

Bausektor und Handel sind besonders betroffen

KÖLN (NfA)--Für zahlreiche Lieferanten und Dienstleister von türkischen Unternehmen sind die Forderungsrisiken in den vergangenen Monaten weiter gestiegen. Eine aktuelle Analyse des internationalen Kreditversicherers Atradius zeigt, dass sich das Zahlungsverhalten in mehreren Kernbranchen des Landes weiter verschlechtert hat und es trotz verlängerter Zahlungsziele zu mehr Zahlungsverzögerungen kam. Für das laufende Jahr gehen die Risikoexperten des Versicherers davon aus, dass sich die Insolvenzzahlen unter anderem in den Branchen Bau, Einzelhandel, Metall beziehungsweise Stahl und Textil erhöhen werden. Insgesamt dürften die Firmenpleiten in der Türkei dieses Jahr auf einem hohen Niveau bleiben, nachdem sie 2017 bereits erheblich zugenommen hatten.

Firmen, die auf Importe angewiesen sind und deren Hauptmarkt die Türkei ist, drohen aufgrund der schwächelnden Lira auch von anderer Seite finanzielle Engpässe: Die Abwertung der heimischen Währung erhöht ihre Einkaufskosten, daher wird es für sie zunehmend schwieriger, den steigenden Beschaffungssaufwand in Euro oder US-Dollar mit Einnahmen in Lira auszugleichen. Unternehmen aus dem Energiesektor und der herstellenden Industrie sind diesem Risiko besonders ausgesetzt.

Der Bausektor leidet insbesondere unter den geringen Wohnungsbauaktivitäten. Die große Zahl an Wettbewerbern auf dem Markt hat die Margen vieler Unternehmen zusammenschrumpfen lassen. Mit den höheren Zinsen und steigenden Rohstoffpreisen, insbesondere für Betonstahl, hat sich die Situation in der Branche seit Ende vergangenen Jahres noch einmal verschlechtert. Die Insolvenzen in dem Sektor sind bereits 2017 gestiegen. In diesem Jahr dürfte es nach Atradius-Prognose noch mehr Baufirmenpleiten geben, zumal zahlreiche Akteure hoch verschuldet sind und vor Refinanzierungsproblemen stehen. Die Zahlungsdauer in der Branche beträgt durchschnittlich 120 bis 180 Tage, das Zahlungsverhalten war in den letzten zwei Jahren häufig negativ.

Auch der Einzelhandel weist aufgrund des starken Wettbewerbs und hoher Kosten eine geringe Profitabilität auf. Viele Unternehmen haben einen hohen Fremdfinanzierungsgrad und geraten wegen der schwachen Lira zunehmend unter Druck. Gleichzeitig ist die Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben, zuletzt zurückgegangen. Im Vergleich zu allen anderen türkischen Industrien weist der Groß- und Einzelhandel die höchste Rate an Kreditausfällen auf. Es wird erwartet, dass die Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen 2018 zunehmen. Von Unternehmen, die hauptsächlich importierte Elektronikprodukte verkaufen, geht dabei ein überdurchschnittlich hohes Risiko aus.

Die türkische Metallindustrie wird stark von der verhaltenen inländischen Bautätigkeit beeinträchtigt. Die erhöhten Infrastrukturinvestitionen des Staates konnten den Rückgang nur geringfügig ausgleichen. Die Branche kämpft zudem weiter mit erheblichen Überkapazitäten, außerdem ist die Konkurrenz aus China groß und die Abhängigkeit von Banken hoch.

NfA/20.7.2018

zurück zur Übersicht