Ostwirtschaftsreport

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Russland: Bei Öl-Förderausweitung der Dreh- und Angelpunkt

Erscheinungsdatum Website: 19.07.2018 11:00:38
Erscheinungsdatum Publikation: 24.07.2018

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MOSKAU (Dow Jones)--Russische Ölkonzerne pumpen diesen Sommer in großem Stil Öl. Insofern übernehmen sie eine ungewohnte Vorreiterrolle dabei, die Preise unter Kontrolle zu halten. Neben Saudi-Arabien ist Russland eines der wenigen Länder, das seine Förderung äußerst schnell herauffahren kann. Diese Fähigkeit hilft den Großproduzenten, die sich im Juni auf eine Förderausweitung verständigt hatten, einen heißlaufenden globalen Ölmarkt wieder abzukühlen.

Rund 18 Monate, nachdem die Opec unter Führung der Saudis angesichts niedriger Preise mit einer Angebotsverknappung begann, haben die Förderländer jetzt das entgegengesetzte Problem. Die Lagerbestände haben sich reduziert, die Nachfrage bleibt stark und es gibt Angebotsstörungen im Iran, Venezuela und in Libyen. All diese Faktoren lassen derzeit die Ölpreise in die Höhe schnellen.

Russland tat sich bereits mit der Opec zusammen, um die Ölhähne aufzudrehen, und hatte schon vorher langsam die Förderung gesteigert. Das Land produzierte im Mai 10,97 Mio Fass Öl am Tag, so das russische Energieministerium. Das waren rund 60.000 Barrel mehr als 2016 mit der Opec vereinbart wurden, als es noch darum ging, die Preise heraufzuschrauben.

Die Opec und zehn andere Länder einigten sich am 22. Juni darauf, den Ausstoß um 1 Mio bpd zu steigern. Das Gros davon dürfte nach Analystenansicht von Saudi-Arabien und Russland kommen. Die Länder müssen sich aber noch über die Quotenverteilung verständigen. Der Energieminister Alexander Novak hofft auf eine eigene Förderausweitung von 200.000 bpd. Damit würde die Produktion zu zwei Dritteln um die Menge aufgestockt, die das Land 2016 eigentlich kürzen wollte.

Schätzungen über die Menge, die darüber noch hinausgehen könnte, weichen voneinander ab. Goldman Sachs schätzt, dass sich die ungenutzten Kapazitäten der Russen - im Kern Ölfelder, die derzeit nicht ausgebeutet werden - auf 500.000 bpd aufsummieren.

Die große Frage lautet, wie schnell Russland diese Menge auf die Weltmärkte verschiffen kann. In Saudi-Arabien pumpt eine einzige Staatsfirma das gesamte Öl, was sie in Krisenzeiten wendiger macht. Anders in Russland: Dort ist die Ölbranche fragmentiert in Staats- und Privatkonzerne.

Die meisten Ölproduzenten in Russland rechnen damit, dass sich der Ausstoß innerhalb von drei Monaten wieder auf das Niveau von 2016 bringen lässt. Zumeist funktioniere das mit aggressiven Bohrungen in noch nicht erschlossenen Regionen wie Ostsibirien und höheren Erträgen aus bereits aktiven Ölfeldern.

Russische Firmen drängten ihre Regierung seit Längerem auf eine Vereinbarung mit höherer Förderung. Und jetzt sind sie tatsächlich bereit, Gas zu geben. Der Chef von Russlands zweitgrößtem Ölproduzenten Lukoil hatte im Juni erklärt, sein Unternehmen brauche zwischen 60 und 90 Tage, um den gedrosselten Ausstoß wieder aufzuholen. "Wenn wir nicht schnell reagieren, haben wir es nach einer Weile mit einem überhitzten Markt zu tun, steigenden Preisen", sagte Chairman Alexander Djukow von Russlands drittgrößtem Ölproduzenten Gazpromneft. "Keiner will das."

Russische Firmen setzen sich seit Längerem für höhere Förderquoten ein, um eine neue Generation von Ölfeldern zu entwickeln. Bereits zum Großteil ausgebeutete Ölfelder - etwa in Westsibirien - sollen so ersetzt werden. Dadurch lässt sich mehr Öl zu niedrigeren Kosten verkaufen. Die Aktien von Russlands Energiefirmen legten seit dem jüngsten Opec-Deal schon kräftig zu. So ging es für den größten Ölkonzern des Landes Rosneft seitdem um 1,4% hinauf, für Gazpromneft um 3,2%.

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