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Die Chinesen halten sich bei Übernahmen zurück

Erscheinungsdatum Website: 18.07.2018 10:45:03
Erscheinungsdatum Publikation: 19.07.2018

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EY-Studie belegt deutlichen Rückgang

FRANKFURT (Dow Jones)--Chinesische Unternehmen haben in diesem Jahr in Europa bislang weniger zugekauft als im Vorjahreszeitraum. Das Investitionsvolumen hat sich sogar mehr als halbiert, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervorgeht. In der ersten Jahreshälfte gab es demnach in Europa 12% weniger Übernahmen und Unternehmensbeteiligungen. Die Zahl sank von 126 auf 111. Das Investitionsvolumen schrumpfte von 31,6 auf 14,9 Mrd US-Dollar.

Auch die Zahl der großen Deals mit einem Volumen von mehr als 500 Mio Euro halbierte sich in etwa - von elf im ersten Halbjahr 2017 auf nur noch fünf. Damit setzt sich der Trend des vergangenen Jahres fort. Seit dem ersten Halbjahr 2016, als europaweit 176 Transaktionen durchgeführt wurden, sinkt die Zahl chinesischer Deals in Europa kontinuierlich.

Als Investitionsziele besonders beliebt waren in den ersten sechs Monaten nach wie vor Deutschland und Großbritannien. Dort fanden die meisten Transaktionen statt, die Zahl der Zukäufe sank in beiden Ländern zusammen aber von 26 auf 22. Da es sich in Großbritannien überwiegend um kleinere Deals handelte, schrumpfte das Investitionsvolumen auf den britischen Inseln von 16,2 Mrd auf 600 Mio Dollar, wie EY mitteilte. In Deutschland wuchs das Engagement zwar von 6,7 auf 9,9 Mrd US-Dollar. Dazu trug aber vor allem der Geely-Einstieg bei Daimler mit einem Volumen von geschätzt 8,9 Mrd US-Dollar bei.

In Frankreich stieg die Zahl der Übernahmen gegen den Trend von zehn auf 13. Darunter war auch die Übernahme des Computerspielproduzenten Ubisoft durch eine Investorengruppe, zu der auch der Internetgigant Tencent gehört, für rund 2,5 Mrd US-Dollar. In Italien fanden zwölf Übernahmen statt - nach elf im Vorjahreszeitraum.

Die Wirtschaftsprüfer verzeichneten auch eine Verschiebung der Schwerpunkte: "Investitionen in klassische Industrieunternehmen verlieren für die Chinesen an Attraktivität, obwohl in diesem Bereich nach wie vor die meisten Transaktionen stattfinden", sagte Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY. Europaweit sei die Zahl der gekauften Industrieunternehmen im Halbjahr massiv von 43 auf 23 gesunken. "Wir sehen aber ein deutlich steigendes Interesse an Zukäufen in den Bereichen Infrastruktur, Energie, Hightech und Pharma - auch wenn einige der geplanten Transaktionen nicht zustande kommen", so EY weiter.

Gründe für das Scheitern sind der Studie zufolge teilweise politische Bedenken und die Sorge vor einem Abfluss von Know-how gen Beijing. Zum Teil seien die chinesischen Investoren aber auch von anderen Interessenten überboten worden oder die Finanzierung kam nicht zustande, da die regulatorischen Anforderungen in der Volksrepublik verschärft wurden.

Andererseits sei ein Einstieg für viele Unternehmen auch ein "Glücksfall", etwa wenn das Unternehmen ansonsten vor der Insolvenz stand oder ein deutscher Mittelständler an Wachstumsgrenzen stoße. "Ein chinesischer Investor mit der entsprechenden Finanzkraft und Zugang zum dortigen Absatzmarkt ist da häufig genau der richtige Partner", meinte Yi. Dow Jones

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