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Länder warnen vor zu viel Kontrolle durch den Bund

Erscheinungsdatum Website: 06.07.2018 17:20:03
Erscheinungsdatum Publikation: 09.07.2018

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BERLIN (Dow Jones)--Angesichts der vom Bund geplanten Grundgesetzänderungen zur finanziellen Unterstützung der Länder bei der Verbesserung der Bildungsinfrastruktur und im sozialen Wohnungsbau hat der Bundesrat vor zu viel Kontrolle durch den Bund gewarnt. Es sei mit der verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern nicht vereinbar, wenn der Bund über die Zuweisung der Finanzhilfen hinaus auch Steuerungs- und Kontrollrechte gegenüber den Ländern erlange, heißt es in der von den Ländern beschlossenen Stellungnahme laut Bundesrat.

Dies berge die Gefahr, dass länderspezifische und regionale Besonderheiten bei den Investitionen nicht ausreichend berücksichtigt würden. Dass der Bund künftig die Ausgestaltung der Länderprogramme zur Wohnraumförderung mitbestimmen will, lehnte der Bundesrat ab. Dies sei Ländersache. Bei den geplanten Änderungen der Gemeindeverkehrsfinanzierung fürchten die Länder eine Ausweitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Sie sollten deshalb nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich sein, verlangten sie.

Die Länder sollen künftig vom Bund mehr Geld für Bildung und Wohnungsbau erhalten. Dafür hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes beschlossen. Bei der Bildungsoffensive geht es vor allem um den Ausbau des Digital- und Ganztagsangebot in den Schulen. Durch die beabsichtigte weitere Lockerung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern soll der Bund die Länder unabhängig von ihrer Finanzsituation bei der Verbesserung der kommunalen Bildungsinfrastruktur unterstützen können.

Der Bund will insgesamt fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung von Schulen bereitstellen, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Zwei Milliarden Euro sind für den Ausbau von Ganztagsschul- und Betreuungsangeboten geplant. Weitere Grundgesetzänderungen sollen unter anderem zweckgebundene Finanzhilfen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau möglich machen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) warb im Plenum der Länderkammer für die Grundgesetzänderungen. Es gelte, in einigen Bereichen "zielgerichtete Änderungen" vorzunehmen, um prioritäre Maßnahmen in Bereichen zu ermöglichen, in denen die Bevölkerung zu Recht erwarte, dass das Land vorangebracht werde. Als Beispiele nannte Scholz den Ausbau der kommunalen Verkehrsinfrastruktur, den sozialen Wohnungsbau, den Öffentlichen Personennahverkehr und Investitionen in Schulen.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte hingegen vor Schaden für den Föderalismus durch mehr Kompetenzen für den Bund. "Dieser Gesetzentwurf ist nichts anderes als süßes Gift für die Länder und damit gefährlich", sagte er. Die Regierung wolle Zuständigkeiten vermischen und den Einfluss des Bundes in einem für ihn bisher nicht vorstellbaren Maße erhöhen. "Mit dieser Aushöhlung des Föderalismus muss Schluss sein, und das Land Baden-Württemberg wird dem Widerstand entgegensetzen", sagte Kretschmann.

DJG/ank/bam/09.07.2018

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