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US-Strafzölle gegen EU belasten Merkels Besuch bei Trump

Erscheinungsdatum Website: 26.04.2018 22:30:02
Erscheinungsdatum Publikation: 30.04.2018

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BERLIN (Dow Jones)--Der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim amerikanischen Präsidenten Donald Trump am Freitag in Washington wird durch die drohende Verhängung von US-Strafzöllen gegen die EU überschattet. Kurz vor Merkels Abflug machte ein hoher deutscher Regierungsbeamter am Donnerstag Hoffnungen auch der Industrie zunichte, die EU könne von den Zöllen auf Stahl und Aluminium dauerhaft verschont bleiben. "Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass die Zölle am 1. Mai kommen", erklärte er.

Damit droht ein Handelskrieg zwischen der Europäischen Union und den USA. Denn bereits der französische Präsident Emmanuel Macron hatte von Trump die dauerhafte Rücknahme der Strafzölle verlangt. Man führe keinen Handelskrieg gegen seine Verbündeten, sagte Macron, der sich von Montag bis Mittwoch zu einem Staatsbesuch in Washington aufhielt. Er hoffe, dass Trump die Zölle - für die bis zum 1. Mai eine Ausnahmeregelung gilt - gegen die EU dauerhaft zurücknehme.

Merkel will verhandeln

Die Bundesregierung versuchte am Donnerstag, die Wogen zu glätten. Ziel von Merkels Besuch sei es, "die wirklich sehr guten und wichtigen Wirtschaftsbeziehungen zu Amerika nicht nur zu erhalten, sondern auch zu vertiefen. Das ist aus unserer Sicht Win-Win", hieß es in Regierungskreisen. Die Position der Bundeskanzlerin bezüglich der Strafzölle sei es, "dass wir lieber verhandeln wollen, einen Dialog starten wollen mit den Amerikanern." Ob das gelinge werde, wisse man nicht.

BDI-Präsident Dieter Kempf erklärte, die angedrohten Strafzölle stellten das transatlantische Verhältnis vor eine große Belastungsprobe. "Es ist wichtig, dass die Bundeskanzlerin jetzt für direkte Gespräche auf Augenhöhe nach Washington reist", sagte er. In Deutschland hänge jeder vierte Arbeitsplatz am Export. In der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite.

Nur wenige Stunden in Washington

Merkel wird am Freitagvormittag Ortszeit in Washington erwartet. Nach einem Eintrag ins Gästebuch des Weißen Hauses ist ein kurzes Vier-Augen-Gespräch mit Trump im Oval Office geplant. Anschließend wird es ein Arbeitsmittagessen mit den Delegationen und eine halbstündige Pressekonferenz (zirka 19.30 Uhr deutscher Zeit) geben. Die Rückreise der Kanzlerin ist für den frühen Freitagabend geplant.

Neben dem transatlantischen Handel werden bei diesem protokollarisch als Arbeitsbesuch eingestuften Termin auch allgemeine Ordnungsfragen, Syrien, Nordkorea, das iranische Atomabkommen und die Lage in der Ukraine inklusive der Russland-Sanktionen auf der Tagesordnung stehen, wie es aus Regierungskreisen hieß.

Deutsche Regierungskreise betonten, dass es sich "nicht um einen x-beliebigen Arbeitsbesuch" handele. Beide Länder seien enge Verbündete, die Beziehungen hätten eine starke Substanz und es gebe eine Menge an Gemeinsamkeiten. Ein ranghoher Diplomat verwies darauf, dass das deutsche Handelsdefizit gegenüber den USA zwar bestehe, aber zurückgehe.

"Zölle sind nicht unfair"

Zum Thema Autozölle hieß es in Regierungskreisen, die Bundesregierung halte diese nicht für unfair. Wenn man alle Automobile in die Rechnung mit aufnehme, also zum Beispiel auch Transporter, dann seien die Zölle von USA mit 3,1 Prozent und EU mit 4,3 Prozent gar nicht mehr so unterschiedlich. Außerdem seien die Zölle WTO-kompatibel. Darüber hinaus liege die Zahl der aus Deutschland in die USA exportierten Autos bei 480.000 pro Jahr, aus den USA würden aber wiederum 493.600 deutsche Autos in die Welt geliefert.

Im Agrarbereich seien die Zölle mit 1,4 Prozent für Europa und 1,6 Prozent für die USA sogar nahezu ausgeglichen, betonten die Kreise. Deutschland werde sich Gesprächen über Zölle vor diesem Hintergrund nicht verweigern. Man könne neu verhandeln, aber dann müsse man sich entscheiden, über was man reden wolle. "Nur über Autos zu reden, ist für uns nicht akzeptabel. Dann muss man über alle Zölle reden", sagte ein Diplomat.

Konsortium für die Ukraine

Merkel wird den Angaben zufolge auch das Thema Nord Stream 2 in Washington zur Sprache bringen. Die neue Pipeline soll durch die Ostsee von Russland nach Deutschland führen und bedroht damit die Ukraine, durch die derzeit ein großer Teil des russischen Gases für Europa fließt. Kiew erlöst dadurch laut deutschen Angaben rund 2 Milliarden Euro pro Jahr.

Deutschland will der Ukraine helfen, die Einnahmen zu sichern. Hintergrund sind Befürchtungen, der Wegfall des Geldes könne die politische Lage im Land destabilisieren. Den deutschen Willen zur Unterstützung der Ukraine hatte die CDU-Vorsitzende Merkel erst kürzlich beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zum Ausdruck gebracht.

Diese deutsche Haltung wurde in Regierungskreisen vor dem Abflug der Kanzlerin noch einmal bekräftigt. Berlin wolle sich dafür einsetzen, dass 2019 ein neuer Auslieferungsvertrag zustande komme. Die Ukraine investiere in ihr Pipeline-System und es gebe Überlegungen, ob man ausländische Investoren dafür gewinnen könne. "Da sind wir dabei, das sehr zu beschleunigen, um der Ukraine zu helfen", erklärte ein Regierungsbeamter. Deutschland wolle "ein Konsortium bauen, das in der Ukraine investiert".

DJG/stl/smh/30.04.2018

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