Euro Intern

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Merkel fordert bei EU-Reform "offene Debatten"

Erscheinungsdatum Website: 20.04.2018 00:15:02
Erscheinungsdatum Publikation: 23.04.2018

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BERLIN (Dow Jones)--In der deutsch-französischen Auseinandersetzung über die Reform der Europäischen Union hat Kanzlerin Angela Merkel Diplomatie und Gesprächsbereitschaft eingefordert. Natürlich gebe es immer auch "unterschiedliche Ausgangspunkte" zwischen Frankreich und Deutschland, sagte Merkel beim Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Donnerstag in Berlin. Deshalb brauche man "offene Debatten, und wir brauchen zum Schluss die Fähigkeit zum Kompromiss". Einig zeigten sich Merkel und Macron darin, bei ihren bevorstehenden Besuchen in Washington Klartext mit US-Präsident Donald Trump zu reden.

"Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass sich unsere Länder und Europa gut entwickeln", sagte Merkel. Bis zum EU-Gipfel Ende Juni wolle man wichtige zentrale Entscheidungen festlegen und diese mit einer Antwort an die Bürger Europas verbinden. Merkel forderte diesbezüglich "möglichst große Fortschritte" beim gemeinsamen europäischen Asylsystem sowie eine gemeinsame Außenpolitik, die auch Antworten auf die Kriege in Syrien und der Ukraine gebe. Außerdem müsse die Wirtschafts- und Währungsunion weiterentwickelt werden, sagte Merkel und nannte die Stichworte Bankenunion, Stabilität und Wettbewerb.

Wandel im europäischen Bewusstsein

Nach dem Zweiten Weltkrieg sei Europa vor allem ein Friedensprojekt gewesen, sagte Merkel. "Aber wir wissen angesichts der Kriege, die um uns herum stattfinden, was an Gefahren unweit von Europa lauert", sagte die CDU-Vorsitzende. Deshalb sei die Neugestaltung Europas eben mehr als nur das Friedensprojekt, sondern es müsse ein Projekt sein, "das uns zeigt, dass wir unsere Werte nur gemeinsam weltweit durchsetzen können."

Macron erklärte, Europa erlebe einen Moment, der wirklich einzigartig sei. Die EU stehe vor großen Handelsherausforderungen sowie vor großen technologischen und thematischen Umbrüchen. Gleichzeitig müssten ein zunehmender Nationalismus und andere Herausforderungen bewältigt werden. Der Moment sei "absolut entscheidend für die Zukunft Europas".

Ein Streitthema zwischen Deutschland und Frankreich ist die Gestaltung der Eurozone. Man sei gemeinsam der Meinung, dass die Eurozone noch nicht ausreichend krisenfähig sei, sagte Merkel. Beide Länder hätten dazu Vorschläge gemacht. Für Deutschland habe Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble ja schon vorgeschlagen, ein Instrumentarium in Ergänzung zum IWF zu erarbeiten.

Merkel blickte damit auf den Vorschlag Macrons und der EU-Kommission, aus dem Euro-Rettungsschirm ESM einen Europäischen Währungsfonds zu machen. Anders als Paris und Brüssel hält Berlin dafür allerdings Vertragsänderungen für erforderlich. Merkel bekräftigte die deutsche Bereitschaft, "in ferner Zukunft" ein gemeinsames Einlagensicherungssystem mitzutragen. Vorher müssten aber erst die Risiken minimiert werden, sagte die CDU-Vorsitzende.

Eurogruppe mit Finanzministern

Macron, der sich schnelle Maßnahmen wünscht, wich der Konfrontation mit Merkel aus. Es komme doch gar nicht so darauf an, über Instrumente zu sprechen, sagte er. Viel wichtiger sei es, über das Ziel Bescheid zu wissen. Beide Seiten werden am 19. Juni zum deutsch-französischen Ministerrat zusammenkommen.

Merkel nahm zudem zu ihrer Idee Stellung, den Finanzministern der Eurozone die Wirtschaftsminister an die Seite zu stellen. Die Idee, dass zwei Ministerräte manchmal zusammenträfen, gebe es in anderen Bereichen doch auch, sagte Merkel. Wenn Wirtschafts- und Finanzminister sich in Zukunft manchmal treffen würden, diene das nur der Frage, wie man Politik kohärenter gestalten könne. Das tue man in den nationalen Regierungen jeden Tag "und das muss in Europa auch zur Selbstverständlichkeit werden aus meiner Sicht". Mit ihren Äußerungen rückte Merkel den Eindruck zurecht, sie wolle die Eurogruppe dauerhaft um die Wirtschaftsminister ergänzen.

Besuch bei Trump

Merkel wird am Freitag nächster Woche von Trump empfangen. Macron ist bereits am Montag zu Gast im Weißen Haus. Der Franzose erklärte, angesichts der US-Handelsbarrieren würden er und Merkel bei Trump auf die Einhaltung der WTO-Regeln drängen.

Merkel sagte, es gebe Differenzen, und diese "werden wir natürlich miteinander besprechen". Sie reise aber vor allem nach Washington, um den Wert der transatlantischen Partnerschaft zu betonen. Diese sei "ein großer Schatz".

DJG/stl/jhe/23.04.2018

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