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Unsicherheit vor Gerichtsverhandlung über Grundsteuer

Erscheinungsdatum Website: 15.01.2018 16:35:03
Erscheinungsdatum Publikation: 16.01.2018

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BERLIN (Dow Jones)--Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über die Reform der Grundsteuer hat die SPD Berechnungen über angeblich bevorstehende Kostenexplosionen ins Reich der Phantasie verwiesen. "Gegen einen Gesetzentwurf des Bundesrates zur Modernisierung der Bewertung schürt der Eigentümer-Verband Haus und Grund Ängste vor abstrusen Steuererhöhungen", kritisierte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, am Montag in Berlin. Der vom Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf verhindere solche Steigerungen jedoch.

Das Bundesverfassungsgericht will sich am heutigen Dienstag ab 10 Uhr in mündlicher Verhandlung mit der Grundsteuer befassen. Hintergrund sind die jahrzehntealten Berechnungsgrundlagen der Steuer. Im Westen wird dabei auf Werte aus dem Jahre 1964, im Osten gar auf Werte aus 1935 abgestellt. Zwei Immobilien mit an sich gleichem Marktwert können so völlig unterschiedlich bewertet werden und einer unterschiedlich hohen Grundsteuer unterliegen.

Dies wird seit gut einem Jahrzehnt vom Bundesfinanzhof moniert und für verfassungswidrig gehalten. Das Verfassungsgericht muss nun über drei sogenannte Richtervorlagen des Bundesfinanzhofes sowie zwei Verfassungsbeschwerden entscheiden. Eine abschließende Entscheidung wird es am Dienstag noch nicht geben, wie das Gericht auf Anfrage mitteilte.

Selbstverschulden der Politik

Der Bundesrat hatte bereits Anfang November 2016 gegen die Stimmen von Bayern und Hamburg einen Gesetzentwurf mit einem Reformvorschlag verabschiedet. Demnach sollen die künftigen Bodenrichtwerte mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert werden. Erst auf den sich so ergebenden Steuermessbetrag soll dann der jeweilige gemeindliche Hebesatz angewendet werden, um die tatsächlich zu zahlende Grundsteuer zu ermitteln.

Daldrup warf Kritikern des Gesetzentwurfes vor, genau die Anpassung von Messzahl und Hebesätzen zu unterschlagen und deshalb zu abstrusen Steuererhöhungen zu kommen. "Das ist in etwa so, als säße man in einem Ruderboot und zöge das linke Ruder durchs Wasser, ohne das rechte Ruder zu benutzen - und behauptete dann, das Boot könne nicht geradeaus fahren."

Der CDU-Wirtschaftsrat allerdings zeigte sich am Montag ebenfalls besorgt, dass eine Grundsteuerreform "zu einer deutlichen Mehrbelastung von Mietern, Investoren und selbstnutzenden Eigentümern führt". Berechnungen gingen von einem 30- bis 50-fachen der heutigen Belastung aus, erklärte die Vereinigung, ohne die Quelle dieser Berechnungen zu nennen. "Kein Faktor ist so unmittelbar durchschlagend auf ein Bauvorhaben oder die Miete wie die Grundsteuer - auch weil sie voll umlagefähig ist", erklärte der Wirtschaftsrat.

Haase appelliert an neue Regierung

Der Bundesvorsitzende der kommunalpolitischen Vereinigung von CDU und CSU, Christian Haase, verwies darauf, dass eine einvernehmliche Einigung der 16 Bundesländer auf eine Neuordnung der Bemessungsgrundlagen bislang nicht erfolgt sei. "Deshalb fordern wir, dass die neue Bundesregierung die Initiative ergreift und einen mehrheitsfähigen Gesetzentwurf vorlegt, der den Grundsatz der Gleichbehandlung berücksichtigt."

Ziel der geplanten, vom Bundesrat vorgelegten Reform ist eine aufkommensneutrale Neuregelung der Grundsteuer, die mit rund 13 Milliarden Euro nach der Gewerbesteuer die zweitwichtigste Einnahmequelle der Kommunen ist. Obwohl es sich um eine Ländersteuer handelt, steht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zu. Der Bundestag befasste sich allerdings bisher nicht mit der Sache.

DJG/stl/bam

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