Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

Bank of Japan hadert mit Aktienkäufen

Erscheinungsdatum Website: 15.01.2018 16:20:03
Erscheinungsdatum Publikation: 16.01.2018

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TOKIO (Dow Jones)--Mit ihrem Kaufprogramm im Umfang von 50 Milliarden Dollar pro Jahr hat die Bank of Japan (BoJ) die Aktienkurse nach oben getrieben. Doch jetzt steht sie vor einer Frage, die auch viele andere Zentralbanken umtreibt: Wann sollte sie damit aufhören?

Der Nikkei Stock Average notiert nahe einem 26-Jahreshoch und scheint keine Unterstützung mehr zu brauchen. Kritiker sagen, dass die Käufe der BoJ den Markt verzerren. Der Nikkei hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt und ist in den letzten zwölf Monaten um 24 Prozent gestiegen.

Zentralbankvertreter fürchten jedoch, dass ein überstürzter Rückzug bei den Märkten den Eindruck erwecken könnte, dass die BoJ nicht mehr eine Inflation von zwei Prozent anstrebt. Die Kerninflation in Japan, die volatile Faktoren wie Lebensmittelpreise ausklammert, lag im November bei 0,9 Prozent und somit unter dem Zielwert. Immerhin steigen die Preise wieder - anders als vor Haruhiko Kurodas Antritt als BoJ-Gouverneur vor fünf Jahren.

Vermuten die Märkte, dass die BoJ ihren Geldhahn zudreht, könnte das den Yen stärken. Den Schaden würden dann japanische Exporteure davontragen. Diese Dynamik zeigte sich in den vergangenen Tagen bereits am Markt.

Die Herausforderungen der BoJ sind ein Beispiel dafür, wie Zentralbanken weltweit versuchen, sich wieder an eine normale Weltwirtschaft anzupassen und die seit 2008 aufgelegten Krisenprogramme zu beenden. Die Europäische Zentralbank versucht, ihr Anleihekaufprogramm abzubauen, während die Federal Reserve die Zinsen anhebt und ihr Anleiheportfolio schrumpft.

Die wirtschaftlichen Probleme Japans begannen schon in den 1990er Jahren - viel früher als die in Europa und den USA. Entsprechend radikaler ging die BoJ bei ihren Maßnahmen vor. Sie besitzt derzeit 40 Prozent der im Umlauf befindlichen Staatsanleihen, also deutlich mehr als andere Zentralbanken, und kauft im Gegensatz zur Fed auch Aktien. Die BoJ kauft jährlich für sechs Billionen Yen Anteile an Indexfonds, in denen die meisten börsengehandelten Unternehmen Japans enthalten sind. Das Programm wurde 2010 aufgelegt, allerdings nur im Umfang von weniger als einem Zehntel der heutigen Summe. Kuroda weitete es nach seinem Amtsantritt vor fünf Jahren aus.

Die japanische Wirtschaft wächst nun schon sieben Quartale in Folge. Das ist der längste Aufschwung seit 16 Jahren. Vom 22. bis 23. Januar veranstaltet die BoJ ihre erste geldpolitische Sitzung des Jahres. Es werden zwar keine Veränderung des Aktienkaufprogramms oder anderer wichtiger Maßnahmen erwartet, Investoren hoffen jedoch auf Hinweise zu den Plänen für die kommenden Monate.

Aktienkäufe der BOJ schwächen Druck auf Unternehmen ab

Einige Investoren bemängeln, dass das Aktienprogramm dazu beitrage, dass wenig erfolgreiche Manager keine Rechenschaft ablegen müssen. Die Zentralbank kauft Aktien von allen Unternehmen, anstatt wie ein klassischer Fondsmanager besonders gut geführte Firmen auszuwählen.

Kuroda streitet ab, dass die Käufe der Zentralbank den Markt verzerren. Die Papiere der BoJ stellten nur einen kleinen Teil des Tokioter Aktienmarkts dar - aktuell rund drei Prozent. Andere Investoren hätten deshalb die Möglichkeit, von einzelnen Unternehmen Verbesserungen zu fordern.

Zum 31. Dezember hielt die BoJ ETFs im Wert von 17 Billionen Yen. Hinzu kommen bis zum 30. September noch nicht realisierte Gewinne in Höhe von 4,3 Billionen Yen. Seitdem dürfte diese Zahl noch weiter gestiegen sein.

Takahide Kiuchi, ein ehemaliges Direktoriumsmitglied der BoJ, das regelmäßig gegen Kuroda gestimmt hat, glaubt, dass es an der Zeit ist, die Strategie zu ändern. "Wenn man nicht mit dem Tapering beginnt, wenn die Stimmung gut ist, verpasst man seine Chance endgültig", sagt er.

Zwar könnten Anzeichen einer Verknappung der Geldpolitik den Yen verteuern, sagt er. "Solange die Weltwirtschaft stark ist, kann der Markt zu einem gewissen Grad jedoch mit einer Aufwertung des Yen umgehen."

Ein Rückzug der BoJ könnte als erster Schritt hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik gewertet werden. Die BoJ hat zuletzt ihre Zielwerte für kurzfristige Zinsen und zehnjährige Staatsanleihen bei minus 0,1 Prozent beziehungsweise null stabil gehalten. Einige Marktteilnehmer rechnen damit, dass die Notenbank noch in diesem Jahr ihren zehnjährigen Zins anhebt und später auch die Zeit der negativen Zinsen beendet.

DJG/DJN/awi/cln

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