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China: Mehr Exporte - weniger Schulden

Erscheinungsdatum Website: 10.01.2018 10:15:03
Erscheinungsdatum Publikation: 11.01.2018

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BEIJING (Dow Jones)--In den dunklen Tagen des Winters Ende 2015 bekam Beijings Ruf als Manager seiner Volkswirtschaft erhebliche Kratzer. Das Land litt unter einem kolossalen Börsencrash, Währungsabwertung und Horrorszenarien eines Finanzdesasters. Zwei Jahre später hat sich das Blatt gewendet: Die Märkte prosperieren und die Wirtschaft ist im Aufschwung. Und vor allem hat sich erstmals seit 2011 die Unternehmensverschuldung als Anteil am Bruttoinlandsprodukt entspannt.

Die Märkte werten das als Triumph für eine kluge Politik aus Beijing. In der Tat verdienen die Regulierer Lob für ihre beherzten Maßnahmen gegen Überschusskapazitäten und für eine Deckelung neuer Schulden. Aber es gibt eine weitere, weniger optimistische Erklärung. Demnach steigen die Verschuldungsquoten generell meist an, wenn die Exporte schwach sind und sie lassen nach, sobald die Ausfuhren wie im Vorjahr wieder anziehen. Das bedeutet: Chinas Erfolge bei der Abwendung einer Schuldenkrise hängen für die kommenden Jahre ebenso vom globalen Wirtschaftswachstum wie von der Politik Beijings ab. Prognosen über einen neuerlichen Aufwertungslauf des Yuan erscheinen genauso voreilig. Auch wenn der vorerst letzte Wachstumsplan der Regierung dem Schuldenabbau weniger Bedeutung als früher einräumt, dürften die Machthaber in Beijing nämlich kaum eine kräftige Yuan-Aufwertung tolerieren, die den Exporten tendenziell schadet.

Der Zusammenhang von Schulden und Exporten ergibt schon intuitiv Sinn. Beijings immer noch bestehende Wachstumsobsession sollte für weitere Investitionsschübe - und damit auch neue Schulden - sorgen, sobald die Auslandsnachfrage nachlässt. Das war angesichts eines massiven Stimuluspakets bereits 2009 besonders auffällig. Auch empirisch trägt diese Theorie. Die jährlichen Änderungen bei Chinas Schuldenquote waren seit den frühen 2000er-Jahren stark negativ mit dem durchschnittlichen Exportwachstum korreliert. Das gilt selbst bei einer Herausrechnung der besonders großen Konjunkturpakete während der Finanzkrise.

Die Ausfuhren sind zwar in den vergangenen zehn Jahren weniger wichtig für Chinas Wirtschaftswachstum geworden, aber sie sind immer noch ein ganz erheblicher Faktor. Vom 1. Quartal 2016 bis zum 3. Quartal 2017, als der Schuldenabbau stark zu Buche schlug, änderte sich die Wirkung der Nettoexporte von einer Dämpfung um 0,8 auf einen Schub von 0,2 Prozentpunkte. Das Ergebnis: Insgesamt legte das Wirtschaftswachstum von 6,7 auf 6,8% zu. Daran änderte auch eine schwächelnde Investitionstätigkeit nichts. Ohne die Nettoexporte wäre das Wirtschaftswachstum stattdessen um nahezu 1 Prozentpunkt weniger stark ausgefallen. Dann wäre der Schuldenabbau auch erheblich schmerzhafter ausgefallen.

Die unbeantwortete Frage lautet, ob sich die Zeiten geändert haben. Präsident Xi Jinping legt weniger Akzente auf Wachstumsziele. Doch das ist eben auch einfach, wenn die Weltwirtschaft boomt und der Häusermarkt immer noch erst am Anfang eines Abschwungs steht. Irgendwann Ende 2018 oder Anfang 2019 dürften diese Umstände alle zusammen in ein Endstadium münden. Zu jenem Zeitpunkt werden die Märkte dann erfahren, ob sich Xis Regierung wirklich einem neuen Wachstumsmodell verpflichtet fühlt - oder eben nicht. Dow Jones

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