Märkte der Welt

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Warum die Outsourcing-Branche boomt

Erscheinungsdatum Website: 03.01.2018 13:11:17
Erscheinungsdatum Publikation: 04.01.2018

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NEW YORK (Dow Jones)--Die Liste der größten Arbeitgeber der Welt wurde einst von bekannten Namen wie Ford Motor, J.C. Penney und General Electric dominiert - alles Unternehmen, die Dinge herstellten und verkauften. Eine neue Analyse, die für das Wall Street Journal durchgeführt wurde, zeigt, dass diese Namen nirgendwo auf dieser mehr Liste zu finden sind. An ihrer Stelle sind große Outsourcing-Unternehmen wie Compass Group, Accenture und andere Gesellschaften gerückt, die im Wesentlichen Arbeitnehmer an Kunden vermieten.

Von den Top 20 der globalen Arbeitgeber im vergangenen Jahr sind fünf "Outsourcing"- und "Workforce-Solutions"-Firmen, geht aus der Studie von S&P Global Market Intelligence hervor. Im Jahr 2000 fiel nur ein einziger Arbeitgeber aus den Top 20 in diesen Bereich, nämlich die International Business Machines, die unter anderem ausgelagerte IT-Dienstleistungen anbietet. Outsourcing-Firmen ziehen die Arbeitnehmer der Welt auf sich, weil traditionelle Arbeitgeber mehr von ihren Aufgaben an Externe weiterreichen - eine Verschiebung, die die Art und Weise, wie Unternehmen Geschäfte machen, veränderte und tiefgreifende Auswirkungen auf die Aussichten und die Bezahlung der Arbeiter hatte.

Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren Boomzeiten für den Outsourcing-Sektor, wobei der jährliche Wert der Verträge von 12,5 Mrd USD (2000) bis 2016 auf 37 Mrd USD stieg, so das Forschungs- und Beratungsunternehmen Information Services Group. Für die Arbeitgeber bedeutet die Ausgliederung an externe Unternehmen eine Einsparmöglichkeit. Zudem erhalten sie Zugang zu den benötigten Kompetenzen, ohne dass sie ihren Personalbestand erhöhen müssen. Arbeiter in Jobs, die zu Outsourcern verlagert wurden, können sich jedoch wie Schachfiguren bewegt fühlen, die entweder komplett verdrängt oder als Angestellte eines Dienstleisters neu eingeordnet werden - manchmal mit weniger Leistungen des Arbeitgebers und niedrigeren Löhnen. Eine wachsende Zahl von Wirtschaftsforschern legt nahe, dass Outsourcing zum Anstieg der Einkommensungleichheit in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich beigetragen hat.

"Wenn alle Ingenieure in einem Unternehmen und die Reinigungskräfte in einem anderen Unternehmen arbeiten, wird die Vielfalt innerhalb der Firmen geringer und die Ungleichheit zwischen ihnen größer", erklärte Nicholas Bloom, Wirtschaftswissenschaftler an der Stanford University. Accenture mit Sitz in Dublin, bekannt als Informationstechnologie- und Beratungsunternehmen, hat sich zum De-facto-Backoffice für Hunderte von Kunden entwickelt. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile weltweit 435.000 Mitarbeiter, nach noch rund 200.000 im Jahr 2010, und bedient 95 der Fortune-Global-100-Unternehmen mit Beratungs- oder Outsourcing-Dienstleistungen oder beidem. Outsourcing machte 46% des Umsatzes des Unternehmens im letzten Jahr oder 16,1 Mrd USD aus.

Im Namen von Kredit-Service-Unternehmen sammeln die Accenture-Mitarbeiter Schulden von Hausbesitzern, die ihre Hypotheken nicht mehr bedienen können. Für große Versicherungskunden führen Ärzte und Krankenschwestern von Accenture Anrufe bei Diabetes-Patienten durch. Für Google beaufsichtigt Accenture Auftragnehmer, die Inhalte für den Suchmaschinenriesen überprüfen. "Wir werden Teil des Betriebs unserer Kunden, wir werden Teil des Talents, das in ihren Betrieben steckt", sagt Debbie Polishook, Group Chief Executive von Accenture Operations, in dem der Outsourcing-Bereich des Unternehmens angesiedelt ist.

Die Unternehmen erklären unterdessen, dass das Outsourcen an Fremdfirmen es den Mitarbeitern ermöglicht, mehr hochwertige Arbeiten zu erledigen. Anbieter wie Accenture betonen gegenüber den Unternehmen, sie könnten ihre Arbeit besser und billiger erledigen. Zudem weisen sie die Manager darauf hin, dass der Faktor Arbeit als "On-Demand-Hilfsmittel" betrachtet werden könnte, das man bei Bedarf mieten könnte. "Wenn Chefs mir sagen, dass sie ihr gesamtes Talent behalten wollen, dann lautet meine Antwort: warum?", sagte der langjährige Leiter von Kelly Services, Carl Camden, der Anfang des Jahres in den Ruhestand ging.

Die Bandbreite des Dienstleistungsangebots von Outsourcing-Firmen ist atemberaubend. Die Compass Group wurde 1941 gegründet, um Fabrikkantinen in England im Krieg zu betreiben, und hat sich schließlich in der Betriebsgastronomie etabliert. Heute beschäftigt das Unternehmen mehr als 550.000 Mitarbeiter, und zu den Tochterunternehmen gehören Firmen wie Eurest Services, das die Poststellen für Kunden besetzt und verwaltet, sie mit hauptamtlichen Empfangsmitarbeitern versorgt, ihre Konferenzräume für Meetings vorbereitet und ihre Lager betreibt. Zu den Kunden von Eurest zählen unter anderem Google, SAP und Pfizer.

Bei so viel Arbeit, die außerhalb des Unternehmens verrichtet wird, beschäftigen die Unternehmen weniger Arten von Arbeitnehmern als früher. Diese Veränderung hat nach Aussage von Ökonomen die Einkommensungleichheit angeheizt. Outsourcing führt dazu, dass Arbeitnehmer entsprechend ihrer Fähigkeiten in Unternehmen gebündelt werden, was sich auf Löhne und Leistungen auswirkt. Eine Bank beschäftigte früher neben Händlern und Vertriebsmitarbeitern auch Hausmeister und Wachleute. Um der Moral und Fairness willen hatte das Management einen Anreiz, die Unterschiede in der Entlohnung der Mitarbeiter zu begrenzen. Das hatte zur Folge, dass die Entlohnung von Geringqualifizierten erhöht wurde.

Nun können diese Hausmeister genausogut für ein externes Unternehmen wie die dänische ISS, eines der größten Facility-Service-Unternehmen der Welt, arbeiten, während die hochqualifizierten Arbeitskräfte bei der Bank beschäftigt bleiben. Volkswirte sprechen von einem Trend zur Sortierung der Arbeitskräfte nach Berufen. Der Lohn für externe Kräfte ist tendenziell niedriger, weil Outsourcing-Firmen die Kosten niedrig halten müssen, um im Wettbewerb um Verträge bestehen zu können, und weil die Arbeitskräfte nicht von den finanziellen Erfolgen der Bank profitieren.

Unternehmen, die Sicherheitskräfte oder IT-Helpdesk-Mitarbeiter zur Verfügung stellen, müssen beweisen, dass sie die Arbeit billiger erledigen können als der Kunde, indem sie die Löhne für diese Arbeiter fest im Griff haben, sagt David Weil, Mitarbeiter des US-Arbeitsministeriums in der Obama-Administration und Experte für Vertragsarbeit. Die Belegschaft von Outsourcing-Firmen kann jedoch schrumpfen, wenn Algorithmen mehr Aufgaben übernehmen, erklärte Steve Hall, Partner bei ISG. Die großen Outsourcer nutzen eine Kombination aus Analytik und Automatisierung, um den Arbeitsaufwand deutlich zu reduzieren."

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