Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Fed hält sich Zinserhöhung offen und startet Bilanzabbau

Erscheinungsdatum Website: 21.09.2017 15:55:03
Erscheinungsdatum Publikation: 22.09.2017

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WASHINGTON (Dow Jones)--Die US-Notenbank hat eine weitere Straffung der Geldpolitik in den nächsten Monaten in Aussicht gestellt. Analysten rechnen im Dezember damit. Wie die Federal Reserve mitteilte, gehen zwölf von insgesamt 16 Ratsmitgliedern davon aus, dass es bis Jahresende noch eine Zinserhöhung geben wird. Schon im Juni hatte es dieses Verhältnis gegeben. Für 2018 werden wie bisher drei Zinserhöhungen avisiert, für 2019 allerdings nur noch zwei anstatt drei. Für das Jahr 2020 ist nur eine Erhöhung vorgesehen.

"Wir glauben, die Erholung ist auf einer starken Strecke", sagte Fed-Chefin Janet Yellen bei ihrer Pressekonferenz. Bei ihrer Ratssitzung beschlossen die obersten Währungshüter der USA, den Leitzins in der aktuellen Spanne von 1,00 bis 1,25 Prozent zu belassen. Der Zinsbeschluss fiel einstimmig. Außerdem kündigte die Federal Reserve an, dass ab Oktober mit dem Abbau der rund 4,5 Billionen Dollar schweren Notenbankbilanz begonnen werden soll. Die Beschlüsse entsprachen den Erwartungen von Experten.

Die Fed hatte bereits im Juni dargelegt, wie sie konkret den Bestand an Staatsanleihen allmählich senken will. So sollen auslaufende Papiere stufenweise nicht mehr ersetzt werden. Um mit dem Abbau des Portfolios zu beginnen, wird die Fed zunächst 6 Milliarden Dollar pro Monat weniger in den Kauf von Staatsanleihen reinvestieren. Im Fall verbriefter Hypotheken sind es 4 Milliarden Dollar weniger. Diese Beträge werden dann alle drei Monate erhöht, bis eine monatliche Obergrenze von 30 Milliarden Dollar bei Staatsanleihen und von 20 Milliarden Dollar bei Hypotheken erreicht ist.

Der Prozess wird mehrere Jahre dauern; wie stark die Bilanz letztlich geschrumpft wird, ist noch nicht klar. "Sollte die Fed diesem Pfad folgen, dann rechnen wir damit, dass die Bilanz von gegenwärtig 4,5 Billionen Dollar bis Ende 2020 auf 2,8 Billionen schrumpfen wird", sagte Unicredit-Ökonom Harm Bandholz.

Fed hadert mit schwacher Inflation

Die hartnäckig flaue Inflation erschwert es den US-Geldpolitikern, in diesem Jahr erneut die Zinszügel zu straffen. Zuletzt hatte die Fed im Juni ihren Leitzins um 25 Basispunkte erhöht. Yellen sagte bei ihrer Pressekonferenz, "die schwache Inflation in diesem Jahr dürfte temporär sein". Die Fed beobachte die Inflation sehr genau und sollte diese niedrig bleiben, könne die Fed "ihre Zinspläne ändern".

Die jüngsten Wirbelstürme hätten großen Schaden angerichtet, sagte Yellen weiter. Im September sei der Jobmarkt voraussichtlich stark davon beeinflusst und das Wachstum im dritten Quartal werde wohl gedämpft werden. Dies dürfte jedoch auf mittlere Sicht den Kurs der US-Wirtschaft nicht ändern. Kurzfristig sollten die Verbraucherpreise jedoch durch höhere Benzinpreise gestützt werden.

In nächster Zeit dürfte die Inflation etwas unter dem Inflationsziel von 2 Prozent bleiben, sich aber mittelfristig bei 2 Prozent stabilisieren, sagte Yellen. Die Wirtschaft sollte weiter moderat wachsen und die Lage am Arbeitsmarkt sich weiter etwas verbessern.

Der Beschluss der Fed, sich die Option einer Zinserhöhung im Dezember offen zu halten und mit dem Bilanzabbau zu beginnen, kommt der Europäischen Zentralbank (EZB) entgegen. "Diese Konstellation gibt der EZB Raum, ihre Zinspolitik ebenfalls ganz vorsichtig anzupassen, ohne gleichzeitig eine starke Aufwertung des Euro zu riskieren - zumindest nach Lehrbuchmeinung", sagte Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank.

Märkte preisen Zinserhöhung im Dezember ein

"Die Fed hat den Marktakteuren gesagt, dass sie die Wahrscheinlichkeit von Zinserhöhungen unterschätzen", meinte ING-Bank-Ökonom James Smith. "Wir vermuten, dass die Fed ausreichend zuversichtlich ist, um im Dezember die Zinsen zu erhöhen." Allerdings gebe es Risiken - ganz zuvorderst das politische Risiko. Die jüngste Aussetzung der offiziellen Schuldengrenze bedeute, dass die neue Ablauffrist genau in die Zeit der Fed-Sitzung am 12. und 13. Dezember falle.

Die Märkte begannen angesichts der Fed-Aussagen damit, eine Zinserhöhung im Dezember stärker einzupreisen. Der Dollar legte kräftig zu und stieg gegenüber dem Euro auf ein Zweiwochenhoch. Gold fiel spürbar, ebenso die Kurse der US-Staatsanleihen, während deren Renditen im Gegenzug stiegen.

DJG/apo/flf

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