Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Weidmann: EZB muss klare Kante zeigen, wenn Preisdruck zunimmt

Erscheinungsdatum Website: 22.05.2017 15:55:23
Erscheinungsdatum Publikation: 23.05.2017

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) darf aus Sicht von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nicht aus Rücksicht auf die Staatsfinanzen in einigen Ländern oder wegen etwaiger Verluste einzelner Finanzmarktteilnehmer die geldpolitische Normalisierung auf die lange Bank schieben. "Der EZB-Rat muss klare Kante zeigen, wenn der Preisdruck wieder zunimmt", sagte Weidmann in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Der Standard.

Nur so könne man Meinungen entgegenwirken, wonach die EZB-Politik vor allem der Entschuldung der Staaten diene und dass die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der Notenbank auf dem Spiel stehe. Er verwies darauf, dass die Notenbanken des Eurosystems mittlerweile die größten Gläubiger der Staaten seien. Das könnte am Ende dazu führen, dass politischer Druck auf das Eurosystem ausgeübt wird, länger an der sehr lockeren Geldpolitik festzuhalten als eigentlich angemessen, warnte er.

Durch die Wahl von Emanuele Macron hat sich nach seinen Worten die politische Unsicherheit reduziert. Er hoffe jetzt auf Reformen, die im Interesse Frankreichs seien, aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Währungsraums stärken können. Das gelte vor allem, wenn Frankreich seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhe und seine Staatsfinanzen auf eine solide Basis stelle.

Weidmann betonte zugleich, die EZB richte ihre Geldpolitik nicht nach politischen Ereignissen, sondern an den Preisperspektiven aus. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine expansive Geldpolitik angemessen. Es gebe aber unterschiedliche Auffassungen über den notwendigen Grad der monetären Expansion und die eingesetzten Instrumente.

Unter Herausrechnung der Energiepreise sei der binnenwirtschaftliche Preisdruck noch verhalten, werde aber mit der konjunkturellen Erholung allmählich zunehmen. Das müsse bei einer vorausschauenden Geldpolitik angemessen berücksichtigt werden, worüber es ja auch Diskussionen im EZB-Rat gebe.

DJG/smh

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